Mehr Beratungsgespräche

Immer mehr Anfragen wegen Gewalt gegen Kinder bei „Rat auf Draht“

Immer mehr Betroffene wenden sich wegen Gewalterfahrungen - körperlich oder seelisch, im digitalen Raum, in der Familie oder in der Schule - an Rat auf Draht, die Notrufnummer für Kinder und Jugendliche. Die Beratungsgespräche zu diesem Thema nahmen 2022 im Vergleich zum Jahr davor um 16,42 Prozent auf 2.935 zu, berichtete die Organisation am Donnerstag. In den ersten drei Quartalen heuer seien es 2.176 Gespräche gewesen, was für 2023 ein ähnlich hohes Niveau erwarten lasse.

red/Agenturen

Im Schnitt melden sich mittlerweile täglich acht Anruferinnen und Anrufer wegen Gewalt. „Am häufigsten geht es dabei um Mobbing und psychische Gewalt in der Schule, gefolgt von psychischer und physischer Gewalt in der Familie“, sagte Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht. Besonders betroffen seien Elf- bis 14-Jährige, gefolgt von 15- bis 18-Jährigen.

Vor allem Mobbing habe deutlich zugenommen, im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau 2019 sogar um fünf Prozent (Stand 2022). „Das liegt daran, dass sich die Jugendlichen wieder mehr sehen und das Konfliktpotenzial dadurch größer ist. Neu ist, dass Mobbing häufig nicht 'nur' offline stattfindet, sondern über digitale Medien weitergeführt wird“, sagte Satke. Mit einem Klick können peinliche Fotos oder aggressive Botschaften geteilt werden. Die Hemmschwelle sei herabgesetzt, weil man online die Reaktion der Betroffenen „nicht sehen kann und sich somit nicht damit auseinandersetzen muss“.

Auch sexualisierte Gewalt wie Cyber Grooming, Sextortion und sexuelle Belästigung online sei häufiger geworden. Die Anfragen zu Sextortion, dabei geht es um Erpressung mit Nacktaufnahmen im Internet, beim Notruf 147 seien im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 um rund 39 Prozent von 105 auf 146 Beratungen gestiegen.

„Es ist wichtig, Kinder zu selbstbewussten und selbstständigen Persönlichkeiten zu erziehen und sie über ihre Rechte aufzuklären“, riet Satke. Kinder sollten darüber Bescheid wissen, dass sie selbst über ihren Körper bestimmen können, dass sie ihren Gefühlen vertrauen können und sie das Recht haben, Nein zu sagen. „Außerdem sollte ihnen vermittelt werden, dass sie niemals schuld daran sind, wenn ihnen Gewalt angetan wird“, betonte die Expertin. Unterstützung sei auch für Pädagoginnen und Pädagogen nötig, damit diese Gewalt und Missbrauch erkennen und richtig reagieren.

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