Wie „Doktor KI" Behandlungsschemata erstellt und entlastet
Künstliche Intelligenz aus Wien schlägt Behandlungsschritte für Patient:innen mit Blutvergiftung vor und erhöht ihre Überlebenschancen, berichten Forscher der Technischen Universität (TU) Wien in den Fachzeitschriften „Plos One“ und „Journal of Clinical Medicine“. Das System berücksichtigt mehr Faktoren als menschliche Mediziner und könnte deren Entscheidungen verbessern. Bevor „Doktor KI“ kurieren darf, müssen aber noch rechtliche Aspekte geklärt werden.
Ein Team um Clemens Heitzinger vom Center for Artificial Intelligence and Machine Learning“ (CAIML) der TU Wien ließ ein Computerprogramm anhand von „umfangreichen Daten aus Intensivstationen unterschiedlicher Krankenhäuser“ lernen, wie Menschen mit Blutvergiftung (Sepsis) auf der Intensivstationen am erfolgreichsten behandelt werden, heißt es in einer Aussendung der Uni. „Wir setzten in unserem Projekt eine Form von maschinellem Lernen ein, die man als Reinforcement Learning oder bestärkendes Lernen bezeichnet“, so Heitzinger.
Der Computer trifft dabei Behandlungsentscheidungen, die bei virtuellen Patient:innen im Krankenhausbett angewendet werden. Geht es ihnen daraufhin gut, dann wird der Computer belohnt. Verschlechtert sich der Zustand oder kommt es zum Tod, wird er bestraft. „Das Computerprogramm hat die Aufgabe, seine virtuelle Belohnung mit allen Mitteln zu maximieren, so der Experte: „So lässt sich aus umfangreichen Krankenhausdaten automatisch eine Strategie ermitteln, mit der man eine besonders hohe Erfolgswahrscheinlichkeit erzielt.“
Das ärztliche Personal trifft seine Entscheidungen auf Basis gut begründeter Regeln anhand bestimmter Parameter, um die beste Krankenversorgung zu gewährleisten, schrieben die Forscher: „Der Computer kann aber problemlos auch noch viele andere Parameter berücksichtigen, die ein Mensch vielleicht ignorieren würde, und genau das kann in manchen Fällen zu noch besseren Entscheidungen führen.“
Haftungsfragen und Co.
„Wir haben in Simulationen virtuelle Patient:innen mit der Strategie der Ärzt:innen und mit der berechneten Strategie behandelt und die Ergebnisse verglichen“, erklärte Heitzinger. Ohne den Einsatz von Künstlicher Intelligenz überlebten hier von 85 von 100 Patient:innen 90 Tage, mit der KI-Strategie waren es drei mehr, nämlich 88.
„Das heißt natürlich nicht, dass man einem Computer die medizinischen Entscheidungen auf einer Intensivstation alleine überlassen sollte“, meint er: „Aber man kann die Künstliche Intelligenz als Zusatzgerät am Krankenbett mitlaufen lassen“. Das medizinische Personal könne sich davon beraten lassen und die eigene Einschätzung mit den Vorschlägen der KI vergleichen. Auch in der Ausbildung wäre sie seiner Einschätzung nach höchst nützlich.
Ehe „Doktor KI“ in die Klinik darf, gibt es aber juristische Fragen zu klären: Erstens, wer für eventuelle Fehler der KI haftet. „Das Problem stellt sich auch umgekehrt: Was ist, wenn die Künstliche Intelligenz die richtige Entscheidung getroffen hätte, der Mensch sich aber für eine andere Option entschieden hat, und die Petient:innen deshalb Schaden erleidet?“, so Heitzinger. Hier seien dringend klare Regeln nötig, denn aus technischer Sicht wäre Künstliche Intelligenz in der klinischen Praxis bereits zum Wohle der Patient:innen einsetzbar.