Hochwasser 2013 - Es kam schlimmer als erwartet
Als es Anfang Juni 2013 stark und anhaltend regnete, rechnete man zunächst mit kleineren Überschwemmungen, aber nicht mit der Flut, die sich dann überraschend schnell und unerwartet stark über das Land ergoss. Durch das Hochwasser, das ganz Mitteleuropa erfasste, waren in Österreich zumindest sieben Todesopfer und hunderte Millionen Euro an Schäden zu beklagen. Im Nachgang folgte eine Diskussion um die Verantwortung und ein Schub an Investitionen in den Hochwasserschutz.
Vorarlberg war am ersten Juni-Wochenende 2013 als erstes Bundesland in Österreich von einer Hochwasserlage betroffen gewesen. Niederschlagsmengen von bis zu 200 Litern pro Quadratmeter in drei Tagen - was statistisch nur alle 40 Jahre vorkommt - führten zu zahlreichen Murenabgängen, lokalen Hochwässern und überschwemmten Straßen. 7.200 freiwillige Feuerwehrleute bewältigten mehr als 1.300 Einsätze. Ein 58-Jähriger stürzte nach einer Geburtstagsfeier in einen Hochwasser führenden Kanal und starb, ein stark betrunkener 55-Jähriger ertrank wenige Tage später in einer unter Wasser stehenden Unterführung. Laut Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kam das Land jedoch mit einem blauen Auge davon. Hätten die Niederschläge zwei oder drei Stunden länger angehalten, „so hätte das zu einer Katastrophe geführt“, sagte er damals. Die Schäden im öffentlichen Bereich beliefen sich auf sechs Mio. Euro, im Privatbereich wurden den Versicherungen über 1.400 Schadensfälle (mit einem grob geschätzten Volumen von etwa vier Mio. Euro) gemeldet.
In Österreich traf das Hochwasser darüber hinaus noch Tirol, Salzburg, Nieder- und - wohl am stärksten - Oberösterreich, wo im Bereich des Pegels Linz ein 300-jährliches Ereignis verzeichnet wurde. Laut Erhebung des Landes waren 228 (von damals 444) Gemeinden in Oberösterreich vom Hochwasser betroffen, 22 davon schwer (was an einer Schadenssumme von über einer Million Euro festgemacht wurde, Anm.). In Schärding beispielsweise setzte der Inn manche Häuser bis zum ersten Stock unter Wasser, in Ebensee gingen Traun und Traunsee über und schnitten Ortsteile von der Außenwelt ab, in der Region rund um Grein bangte man tagelang, ob der kurz vorher fertiggestellte Machlanddamm halten und ausreichen würde. Es ging sich um wenige Zentimeter aus, bevor am 5. Juni die Pegel wieder zu sinken begannen. Besonders stark betroffen war das Eferdinger Becken, wo zahlreiche Häuser unter Wasser standen, das Gebiet war nur aus der Luft zu erreichen, die Bewohner beklagten, längere Zeit völlig auf sich alleine gestellt gewesen zu sein. Eine 20-Jährige stürzte in Gramastetten in die hochwasserführende Große Rodl, ihre Leiche wurde erst zwei Wochen später gefunden.
Enorme Schäden von Tirol bis Oberösterreich
87 Prozent der oberösterreichischen Feuerwehren standen über Tage mit insgesamt 40.000 Mitgliedern im Einsatz, die Rettungsdienste mit knapp 5.000 und die Polizei täglich mit 1.000 Leuten. Die Schäden waren enorm, allerdings geringer als jene des Hochwassers 2002, was den in der Zwischenzeit getroffenen Hochwasserschutzmaßnahmen wie z.B. dem Machlanddamm geschuldet gewesen sein dürfte. In Oberösterreich meldete das Land mindestens 220 Millionen Euro an Hochwasserschäden - die größten Brocken waren jeweils knapp 50 Millionen bei Privaten und Gewerbebetrieben, 35 Millionen an gemeindeeigenen Infrastruktureinrichtungen, 33 Millionen an Schutzwasserbauten und 15 Millionen Euro an landwirtschaftlichen Kulturen.
In Tirol war vor allem der Bezirk Kitzbühel betroffen, wobei es die Gemeinde Kössen am heftigsten erwischte. Die Großache verzeichnete ein hundertjährliches Hochwasser. In nur 24 Stunden wurden 200 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen - dies führte in der 4.200-Einwohner-Gemeinde zu Schäden an rund 450 Häusern und 60 gewerblichen Betrieben. Neben Kössen kam es auch in Waidring und Fieberbrunn zu Überschwemmungen, zudem gab es in weiten Teilen Tirols massive Probleme im Verkehr. Zahlreiche Straßensperren waren die Folge und auch die für den Eisenbahn-Fernverkehr so wichtige Korridorstrecke zwischen Tirol und Salzburg war für einige Tage komplett gesperrt. Insgesamt belief sich der Schaden in Tirol auf rund 100 Mio. Euro.
Drei Todesopfer in Salzburg
Im Bundesland Salzburg gab es die meisten - nämlich drei - Todesopfer zu beklagen: In St. Johann im Pongau wurden drei Männer bei Aufräumarbeiten von einer Mure überrascht, ein 61-jähriger Bauer konnte später nur mehr tot geborgen werden. In Taxenbach (Pinzgau) wurde ein 48-jähriger Landwirt, der einen Weg freiräumen wollte, mit seinem Traktor von einer Mure erfasst und in einen Bach mitgerissen. Die Leiche des vierfachen Vaters wurde erst drei Wochen später gefunden. Ebenfalls in Taxenbach wurde eine 23-jährige Frau mit ihrem Auto von einer Mure in einen Bach geschoben. Während sich ihre Schwester noch befreien konnte, wurde die Mutter einer dreijährigen Tochter bei der Flucht aus dem Auto vom Wasser erfasst und fortgerissen. Überschwemmungen gab es vor allem im Saalachtal, wo Wiesen und Äcker geflutet wurden, die Salzach trat dank der nach dem Hochwasser 2002 errichteten Schutzmaßnahmen nur an wenigen Stellen aus dem Ufer. Einzig in Oberndorf (Flachgau) wurden Teile der Stadt überflutet, die nach 2002 errichtete Schnecke zum Wasserabpumpen dürfte die Schäden für die Bewohner aber geringer gehalten haben. Laut Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) hat das Hochwasser im Juni 2013 im Bundesland Salzburg rund 25 Mio. Euro an Schäden angerichtet. In Summe seien rund 1.500 Schadensfälle beim Katastrophenfonds eingelangt.
100 Millionen Euro Schaden in Niederösterreich
In Niederösterreich entstanden nach Angaben des Landes rund 100 Millionen Euro an Schäden durch das Hochwasser im Juni 2013. 4.000 Objekte waren betroffen, insbesondere in Gemeinden entlang der Donau. Hotspots lagen etwa in Emmersdorf, Aggsbach-Markt und Melk, wo die Altstadt am 2. Juni geflutet wurde, sowie in Kienstock, Mautern, Dürnstein, Krems, Klosterneuburg und Korneuburg. In Summe standen nach Angaben des Landes etwa 50.000 Helfer im Einsatz, insgesamt wurden 1,8 Millionen Sandsäcke verlegt. Von der westlichen Landesgrenze bis in den Raum Krems überschritten die Pegelwerte knapp jene eines 100-jährlichen Hochwassers. Ab dem Gebiet Tulln bis zur slowakischen Grenze wurde ein 200- bis 300-jährliches Hochwasser verzeichnet. Noch größerer Schaden wurde u.a. durch Schutzvorrichtungen verhindert.
In der Steiermark war im Juni 2013 vor allem das obersteirische Ennstal von Hochwasserschäden betroffen, man kam aber im Vergleich zu anderen Bundesländern mit einem blauen Auge davon. Rund 2.000 Hektar Agrarflächen, viele davon Futterwiesen, von etwa 500 bäuerlichen Betrieben wurden damals überschwemmt. Ein 49-jähriger Lkw-Lenker verunglückte bei Räumungsarbeiten nach einem Erdrutsch.