Bakteriologie
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Bakteriengifte lösen wichtige Bremse des Immunsystems

Die Bakterienart Staphylococcus aureus kann zahlreiche Erkrankungen wie Hautinfektionen oder Sepsis verursachen, Ursache dafür sind u.a. die starken Immunreaktionen, die sie auslösen. Ein Forscherteam ging dem genauer auf den Grund. 

red

Ein Problem sind die starken Immunreaktionen, die die Bakterien auslösen. Grund hierfür sind spezifische Bakteriengifte, wie ein Team der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Tübingen herausfand. Sie verringern die Menge an Zellen, die Immunreaktionen eigentlich bremsen können. Multiresistente Keime, die viel Enterotoxin produzieren, macht das noch gefährlicher.

Staphylococcus aureus gibt einen Cocktail unterschiedlichster Substanzen an den Körper im Falle einer Infektion ab. Darunter sind auch die beiden Bakteriengifte Staphylococcus Enterotoxin A und B (SEA und SEB). Die Wissenschafter stellten sich nun die Frage, ob diese zu den übermäßigen Immunreaktionen gegen die Krankheitserreger beitragen.

Sie nahmen den Einfluss dieser Substanzen auf eine ganz besondere Gruppe von Immunzellen, den sogenannten „Myeloid-derived suppressor cells“ (MDSCs), unter die Lupe. Diese Zellen arbeiten als Bremse des Immunsystems und verhindern, dass Immunreaktionen zu stark werden und so den Körper eher schädigen als ihm zu helfen.

Mit seinem Team hat er rund 20 unterschiedliche Stämme von Staphylococcus aureus getestet. Darunter auch solche, die gegen Antibiotika resistent sind. Solche multiresistenten Keime sind in Kliniken ein ernstes Problem, da sich durch andere Erkrankungen geschwächte Patienten mit ihnen anstecken und diese Infektionen kaum noch behandelbar sind.

Wissen könnte künftig bei Krebs eingesetzt werden

Studienleiter Nikolaus Rieber, stv. Leitender Oberarzt an der Kinderklinik München Schwabing mit den Schwerpunkten Infektologie und Rheumatologie, hat mit seinem Team rund 20 unterschiedliche Stämme von Staphylococcus aureus untersucht und stellte dabei fest, dass die Menge an Entertoxinen die Wirkung auf die hemmenden MDSCs verändert. Gaben bestimmte Stämme viel Gift ab, führte das dazu, dass es sehr viel weniger kontrollierende Immunzellen gab. Geringe Mengen der Gifte hatten den gegenteiligen Effekt – es gab mehr MDSCs.

„Wir können noch nicht im Detail sagen, ob die hohen Konzentrationen an Toxinen dazu führen, dass MDSCs absterben oder weniger entstehen. Das Ergebnis ist aber dasselbe: die Immunreaktionen werden nicht mehr effektiv in Schach gehalten und entwickeln sich zu stark.“, erklärt Rieber.Gerade multiresistenten Stämme produzieren sehr viel Enterotoxin, so die Forscher. „Das dürfte sie neben ihren Resistenzen gegen Antibiotika noch gefährlicher machen. Sie rufen übertrieben starke Immunreaktionen hervor und schwächen so den Körper zusätzlich.“, fasst Rieber das Problem zusammen.

Das Wissen über die Wirkung der Toxine ließe sich auch gegen Krebserkrankungen einsetzen, so Riebers Meinung. Bei Tumoren ist häufig das Problem, dass das Immunsystem nicht mehr gegen den Krebs vorgeht, weil hemmende Mechanismen zu stark sind. Rieber erklärt, wie eine Therapie aussehen könnte: „Eine Möglichkeit wäre es, abgeschwächte Enterotoxine einzusetzen und so im Bereich des Tumors stärkere Immunreaktionen hervorzurufen. Die könnten dazu führen, dass die Krebszellen wieder effektiver bekämpft werden.“

Staphylokokken aureus
MRSA, hier Staphylococcus aureus, sind weltweit verbreitet. Sie besitzen eine große Bedeutung als Verursacher von nosokomialen Infektionen.
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© medinlive | 19.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/wissenschaft/bakteriengifte-loesen-wichtige-bremse-des-immunsystems