Orthopädie
Orthopädie

Spezielle Proteine befeuern die Arthrose

Ein Netzwerk aus zuckerbindenden Proteinen – sogenannten Galektinen – spielt eine wichtige Rolle in der Degeneration von Knorpelgewebe bei Arthrose. Diesen Zusammenhang konnte eine Forschungsgruppe der MedUni Wien nun aufzeigen.

red

Galektine spielen zwar bei der Knorpelentwicklung im kindlichen Wachstum eine Rolle, kommen im erwachsenen, gesunden Knorpel aber eigentlich nicht vor. Nun fanden die Forscher rund um Stefan Tögel von der Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der MedUni Wien/AKH Wien in einer Studie heraus, dass, je degenerierter der Knorpel war, umso größere Mengen von Galektin-8 in den Zellproben zu finden waren. Dieses Protein wird nach seiner Produktion von den Knorpelzellen freigesetzt und bindet an die Zelloberflächen an, wo es für Entzündungsprozesse sorgt und den Matrixabbau des Knorpelgewebes beschleunigt. Auch andere Galektine, die sonst diverse Funktionen in der Zelle übernehmen können, spielen dabei offenbar eine beschleunigende Rolle.

Forschungsfeld Glykobiologie

Bereits in vorangegangenen Studien konnte die Forschungsgruppe erstmals die funktionelle Bedeutung der Glykobiologie für die Pathogenese der Arthrose belegen und Galektin-1 als auch Galektin-3 als Entzündungsbeschleuniger identifizieren. Die Glykobiologie beschreibt im Wesentlichen die Struktur und Funktion von Glykanen (Zuckerketten), welche durch Interaktion mit zuckerbindenden Proteinen (z.B. Galektinen) ein breites Spektrum biologischer Prozesse beeinflussen können.

„Unser Ansatz, die Rolle der Glykobiologie in der Arthrose und anderen degenerativen Knorpelerkrankungen zu erforschen, ist sehr neu“, erklärt Tögel, „wir betreten mit unseren Studien praktisch Neuland.“ Das Ziel sind neue Therapieansätze in der Behandlung von Arthrose, um deren Fortschreiten zu stoppen. Denn einmal verlorenes Knorpelgewebe ist nicht mehr regenerierbar. Dazu könnten Antagonisten für die betreffenden Galektine entwickelt werden, um deren Bindung an die Zelloberflächen zu verhindern. „Galektine könnten sich außerdem als Biomarker eignen, die mittels Bluttest oder Probenentnahme der Gelenksflüssigkeit für eine frühzeitige Diagnose sorgen“, erklärt Tögel.

Volkskrankheit Arthrose

Arthrose ist eine degenerative Gelenkserkrankung, die zur Veränderung der Knorpel- und Knochenstruktur führt und bis zu Gelenkdeformierungen reichen kann. Sie entsteht meist durch langjährige Überbelastung. Gelenkserkrankungen zählen zu den führenden Ursachen für chronischen Schmerz und Immobilität im Alter und stellen durch die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung einen ernstzunehmenden sozioökonomischen Faktor im Gesundheitsbereich dar. Bislang steht keine Therapie zur Verfügung, welche den fortschreitenden Verlust an Knorpelgewebe im arthrotischen Gelenk aufhalten oder gar rückgängig machen könnte.

 

Die Studie entstand in Kooperation mit Kollegen des Zentrums für Medizinische Statistik, Informatik und Intelligente Systeme der MedUni Wien sowie dem Institut für Physiologische Chemie der LMU München.

 

Frau sitzend Knie
Gelenkserkrankungen zählen zu den führenden Ursachen für chronischen Schmerz und Immobilität, vor allem im Alter.
Pixabay
 
© medinlive | 20.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/wissenschaft/spezielle-proteine-befeuern-die-arthrose