Biodiversitäts-Barometers 2022

Aufholbedarf: Biodiversität stagnatiert in Österreich

Der Österreichische Biodiversitätsrat präsentierte den Biodiversitäts-Barometer: Demnach zeigt das Jahr 2022 eine Stagnation der politischen Bemühungen zum Schutz der biologischen Vielfalt. Nur wenige kleine Schritte zeigen in die richtige Richtung, große Maßnahmen lassen nach wie vor auf sich warten. Die Befürchtung: Die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie könnten verfehlt werden.

red

Nach mehrjähriger COVID-19-Pandemie nehmen im Jahr 2022 neue politische Krisen sowie daraus resultierende Energie- und Wirtschaftskrisen die Regierung voll in Anspruch. Klima- und Biodiversitätskrise sind in den Hintergrund gerückt, schreiten jedoch rasant voran. Der Gesamtblick auf das „Barometer zur Biodiversitätspolitik in Österreich“ zeigt, dass „2022 bedauerlicherweise in 14 von 19 Punkten unserer Kernforderungen Stillstand eingekehrt ist“, so ao. Univ.-Prof. Dr. Irmgard Greilhuber, Botanikerin an der Universität Wien und Mitglied des Leitungsteams des Biodiversitätsrates. „Letztes Jahr hatten wir bei der Vorlage der Biodiversitätsstrategie 2030 mit ihren ambitionierten Zielen noch große Hoffnung. Nachdem diese bis heute nicht beschlossen wurde, befürchten wir, dass das politische Engagement durch Widerstand verschiedener Interessensgruppen neuerlich gebremst wurde.“

Die Verankerung des Biodiversitätsschutzes in allen politischen Handlungsfeldern ist nach wie vor nicht erfolgt. „Ohne Bundesrahmennaturschutzgesetz ist es nach wie vor schwierig, österreichweite Maßnahmen umzusetzen. Naturräume enden jedoch nicht an der Landesgrenze“, ergänzt Assoz. Prof. Dr. Alice Vadrot, Universität Wien, und Mitglied im Leitungsteam des BiodiversitätsratesInternational aufschließen und Transparenz schaffen.

Massiver Aufholbedarf

Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 sieht einen effektiven Schutz von 30 Prozent des Landes und von 10 Prozent der terrestrischen Flächen vor. Auch in Österreich sind diese Ziele umzusetzen, wobei hier massiver Aufholbedarf besteht: „Im September 2022 hat die Europäische Kommission Österreich dazu aufgefordert, die Umsetzung der EU-Naturschutz-Vorschriften in nationales Recht zu verbessern, weil Österreich viele erforderliche Maßnahmen noch nicht umgesetzt hat,“ betont Assoz. Prof. Dr. Andreas Tribsch, Evolutionsbiologe am Institut für Umwelt und Biodiversität an der Paris-Lodron Universität Salzburg.

Forschung ohne Mittel

Ein weiteres vom Biodiversitätsrat gefordertes Instrument zur Förderung der Biodiversität in Österreich, der nationale Biodiversitätsfonds, wurde 2022 mit EUR 80 Millionen gestartet. Die Dotierung für vier Jahre ist weit von der von uns geforderten Milliarde entfernt“, erklärt Assoz. Prof. Dr. Franz Essl, Ökologe an der Universität Wien und Mitglied des Leitungsteams des Biodiversitätsrates.

Global durchstarten

Im Jahr 2022 finden entscheidende Ereignisse zum zukünftigen Artenschutz statt. Die Weltgemeinschaft verhandelt konkrete Ziele für die globale Biodiversitätspolitik. Die daraus resultierenden Ziele sollen im Dezember 2022 in Montreal (Kanada) beschlossen werden. „Die Polykrise aus Politik, Energie und Wirtschaft darf uns nicht vom Verlust unserer Lebensgrundlagen auf unserem Planeten ablenken. Wir müssen darauf konzentriert bleiben, die internationalen Anstrengungen zu nutzen und endlich große Schritte im Biodiversitätsschutz machen“, schließt Irmgard Greilhuber.

TAGS:
WEITERLESEN:
Schmetterling
Die sensiblen Ökosysteme in Österreich reagieren auf die Umweltveränderungen besonders rasch und sind häufig nicht mehr wiederherstellbar.
BML / Alexander Haiden