„Letzte Generation“

Drohende Ausweisung von Klima-Aktivistin: „Lasse mich nicht einschüchtern“

Die deutsche Klima-Aktivistin Anja Windl ist am Donnerstag in Leoben durch die Fremdenpolizei einvernommen worden. Die Studentin in Klagenfurt befindet sich seit vergangener Woche im Visier des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen (BFA) und soll aus Österreich ausgewiesen werden. Hintergrund sind Protestaktionen, an denen die 26-Jährige als Mitglied der „Letzten Generation“ beteiligt war. „Ich lasse mich nicht einschüchtern“, sagte Windl der APA nach der Einvernahme.

red/Agenturen

„Es wurde mein Gefährdungspotenzial relativ kleinkariert abgefragt“, sagte Windl über die Einvernahme am Donnerstag in der Regionalstelle des BFA in Leoben. In Zusammenhang damit sei ihr unter anderem eine verhinderte Protestaktion beim heurigen Neujahrskonzert sowie ein Aktion in Wien, bei dem die Aktivistinnen und Aktivisten eine Ölspur am Verteilerkreis in Wien legten, vorgeworfen worden. Basis dafür seien die Paragrafen 89 StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit) und 176 StGB (Vorsätzliche Gemeingefährdung), so Windl. Im Zuge des Termins sei auch nach Unterlagen zu ihrer Kranken- und Sozialversicherung gefragt worden, hieß es weiter. Insgesamt habe die Befragung rund dreieinhalb Stunden gedauert. Wie es nun weitergeht, wisse sie noch nicht. „Ich gehe aber davon aus, dass sich diese Sache noch weiter ziehen wird“, so die Niederbayerin.

Sie wolle sich jedoch vom Vorgehen der Behörden nicht einschüchtern lassen. „Ich denke mir eher: Jetzt erst recht!“, sagte Windl. „Es ist unser gutes Recht für das Klima zu protestieren, solange die Regierung nicht handelt.“ Auch bei der nächsten Protestwelle in Graz wolle sie teilnehmen.

„Bezeichnend für den aktuellen Umgang mit der Politik“

Indessen prasselte am Donnerstag scharfe Kritik auf die Behörden und das zuständige Innenministerium ein. So sei das Vorgehen des zuständigen Innenministeriums „bezeichnend für den aktuellen Umgang der Politik“ mit den Mitgliedern der Klima-Protestbewegung, sagte die österreichische Medienethikerin Claudia Paganini, die sich in ihrer Arbeit mit „Hatespeech gegen Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten“ befasst. „Diese Leute aus der Mitte der Gesellschaft werden kriminalisiert und an den Rand gedrängt“, hieß es im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. „Das Bedrohliche und vermeintlich Kriminelle wird ins Ausland weggeschoben. Das ist ein Phänomen unserer Zeit und passiert typischerweise in angespannten Situationen.“ Nachsatz: „Dabei ist es völlig egal, ob sich die Aktivisten nun 300 Kilometer weiter im Westen oder sonst wo befinden, weil das an der Sache nichts ändern wird.“ Die mögliche Ausweisung sei ein „trauriger Symbolakt“, sagte Paganini die an der Hochschule für Philosophie München lehrt.

Sie sei zudem besorgt, dass durch solche Maßnahmen zusätzliches „Öl ins Feuer“ gegossen werde. „Es ist ein Akt, der die Tendenzen zur Selbstjustiz gegen die Klima-Aktivisten sicher verstärken wird. Die Hemmschwelle wird kleiner“, sagte sie mit Verweis auf einen Fall im deutschen Hamburg im März. Dort trat zuletzt ein aufgebrachter Lkw-Fahrer brutal auf einen Aktivisten während einer Blockade ein. Videos davon kursieren im Netz. „Die Politik muss deeskalieren, doch stattdessen verstärken solche Maßnahmen eine solche Logik in der Bevölkerung.“ Der Bevölkerung werde suggeriert: „Wir dürfen uns gegen sie zur Wehr setzen.“

„Unangemessene Härte“

Eine drohende Abschiebung habe nichts mit „reifer Sachpolitik“ zu tun, sondern nur mit „unangemessener Härte gegen eine Aktivistin, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich hat“, so Paganini.

Kritisch äußerte sich am Donnerstag auch Europarechtler Walter Obwexer von der Universität Innsbruck im Ö1-“Morgenjournal“. Bloße Verwaltungsübertretungen, selbst bei Rechtswirksamkeit, könnten kein Grund für eine Ausweisung sein, so Obwexer. Dafür bräuchte es „zunächst einmal eine schwere Straftat, wie zum Beispiel eine ganz schwere Körperverletzung oder einen Mord oder Raub und dann auch noch die Gefahr, dass eine weitere Straftat begangen wird“, sagte Obwexer. „Nur eine schwere Straftat begangen zu haben und dafür rechtskräftig verurteilt worden zu sein, ohne Gefahr, dass eine weitere Straftat begangen wird, reicht für eine Ausweisung ebenfalls nicht aus.“

Die 26-jährige Windl erhielt nach ihrer Teilnahme an Protestaktionen der „Letzten Generation“ in Wien und Klagenfurt Post von den Behörden Post zur „Einvernahme hinsichtlich Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme“. Sie wurde am Donnerstag durch die Beamten des BFA in Leoben befragt. Windl und ihr Anwalt Marcus Hohenecker betonten bereits im Vorfeld, dass man sich jedenfalls gegen das Vorgehen der Behörden wehren wolle.