Klimawandel

„Hitzewallungen“ in polarer Atmosphäre finden immer länger statt

Nördlich von Europa steigen die Temperaturen in über 20 Kilometern Höhe - mindestens einmal jährlich im Winter explosionsartig an: Die Luft in der sogenannten Stratosphäre kann sich dabei binnen weniger Tage von minus 60 Grad auf bis über Null Grad Celsius erwärmen. Die Dauer dieser „Hitzewallung“ hat in den vergangenen 40 Jahren stark zugenommen, erkannten Klimaforschende der Universität Graz mit Partnern von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften.

red/Agenturen

Laut dem Forscherteam unter der Leitung von Gottfried Kirchengast vom Wegener Center der Uni Graz, kann eine „Hitzewallung“ ein bis zwei Wochen anhalten. Gemeinsam mit den chinesischen Kollegen haben die Klimaforscherinnen und -forscher untersucht, wie sich diese winterlichen Ereignisse über die vergangenen Jahrzehnte entwickelt haben und diese nun publiziert, wie die Universität Graz am Donnerstag mitteilte.

„Wir fanden mit Hilfe einer neuen Methode heraus, dass die Dauer der plötzlichen Erwärmungen in der Stratosphäre seit den 1980er-Jahren um rund 50 Prozent zugenommen hat“, fasste Kirchengast zusammen. Er ist der Leitautor der Studie, die im Fachjournal „Atmospheric Chemistry and Physics“ erschienen ist. Die Dauer der Ereignisse habe sich von rund zehn auf 15 Tage verlängert.

Der Temperaturanstieg in dieser Schicht der Atmosphäre gehe zudem mit einer massiven Schwächung des rotierenden Polarwirbels einher: „Wenn die Zirkulation des winterlichen Polarwirbels durch starken Luftaustausch von Wetterschicht und Stratosphäre gestört wird, dann kann es in Höhen von über 20 Kilometern zu einer großräumigen Erwärmung um bis zu 50 Grad und mehr kommen. Diese weltweit stärkste Form des Temperaturanstiegs in der Atmosphäre kann den Wirbelwind zum Erliegen bringen“, schilderte Kirchengast.

Primär nördlich von Europa und Asien

Die Klimaforscher haben Daten der vergangenen vier Jahrzehnte - jeweils von November bis April - ausgewertet: „95 Prozent dieser Erwärmungsereignisse sind von Dezember bis Februar zu beobachten, und bei über drei Viertel liegt das Gebiet des stärksten Temperaturanstiegs nördlich von Europa und Asien“, so der Klimaforscher. Neben der deutlichen Zunahme der Dauer dieser Erwärmung, zeigte sich auch eine tendenzielle - statistisch noch nicht signifikante - Steigerung der Intensität.

„Unsere Ergebnisse verstärken die Hinweise anderer Studien, dass sich durch den Klimawandel solche Polarwirbelstörungen zunehmend stärker ausprägen“, so Kirchengast. In Europa führe das zu „stärkeren kurzdauernden Kälteextremen“. In weiteren Arbeiten analysiert das Team an der Uni Graz das von der Erderwärmung angestoßene komplexe Wechselspiel von Zirkulation und Wetterextremen zwischen polaren und mittleren Breiten genauer.