Ebenso tragen 16 Prozent der konventionellen Pflanzenschutzmittel Warnhinweise über mögliche Schäden für das ungeborene Kind, den Verdacht auf Karzinogenität oder akute tödliche Wirkungen - bei den Pestiziden mit Bio-Zulassung lag der Wert bei null. Die Festlegung von ernährungs- und arbeitsmedizinischen Richtwerten hielt die EFSA bei 93 Prozent der konventionellen, aber nur bei sieben Prozent der natürlichen Wirkstoffe für angebracht. Als Maßstab für den Vergleich dienten die von der EU-Chemikalienagentur (ECHA) festgelegten Gefahrenklassifizierungen des Global Harmonisierten Systems (GHS) sowie die von der EU-Behörde für Ernährungssicherheit (EFSA) im Zulassungsverfahren festgelegten ernährungs- und arbeitsmedizinischen Richtwerte.
Laut Global 2000 warnen Pestizidhersteller wie Bayer, Syngenta oder Corteva jedoch öffentlich vor „ökologischen Zielkonflikten, die mit einer Zunahme der Biolandwirtschaft einhergehen“, wie dem „Anstieg des Gesamtvolumens des Pestizideinsatzes in Europa“. Grund dafür seien die Ziele des Green Deal EU, die unter anderem vorsehen, die Biolandwirtschaft EU-weit bis zum Jahr 2030 auf 25 Prozent auszuweiten.
„Bio-Pestizide“: lebende Mikroorganismen
Für Helmut Burtscher-Schaden, Global-2000-Biochemiker und Erstautor der Studie sind die Unterschiede nicht überraschend, rund 90 Prozent der konventionellen Pestizide seien chemisch-synthetischen Ursprungs, beim Großteil der natürlichen Wirkstoffe handle es sich hingegen „gar nicht um Stoffe im eigentlichen Sinn, sondern um lebende Mikroorganismen. Diese machen 56 Prozent der zugelassenen 'Bio-Pestizide' aus“. Als natürliche Bodenbewohner hätten sie so keine gefährlichen Stoffeigenschaften. Weitere 19 Prozent der Bio-Pestizide seien von vornherein als „Wirkstoffe mit geringem Risiko“ (z.B. Backpulver ) eingestuft oder als Grundstoffe (z.B. Sonnenblumenöl, Essig, Milch) zugelassen, erläuterte Burtscher-Schaden.
Jan Plagge, Präsident von „IFOAM Organics Europe“, wies darauf hin, dass sich Biobetriebe auf vorbeugende Maßnahmen konzentrieren würden. Auf rund 90 Prozent ihrer landwirtschaftlichen Flächen würden daher keinerlei Pestizide eingesetzt und auch keine natürlichen Stoffe. Jennifer Lewis, Direktorin des Dachverbands der Hersteller biologischer Pflanzenschutzmittel (IBMA), verwies indes auf die „enormen Potenziale“ der bereits heute verfügbaren natürlichen Pflanzenschutzmittel und -methoden für konventionelle Landwirtschaft und Biolandwirtschaft. Die Zulassungsverfahren für die biologische Schädlingsbekämpfung sollten daher beschleunigt werden.