Der NRC werde seine Tätigkeit in Afghanistan ohne seine weiblichen Beschäftigten nicht wieder aufnehmen. Der Flüchtlingsrat könne und werde nicht ohne seine fast 500 afghanischen Mitarbeiterinnen arbeiten, betonte Egeland. Nach den Gesprächen in Kabul will er nach Kandahar reisen, dem faktischen Machtzentrum der Taliban.
Die radikalislamischen Taliban hatten das Beschäftigungsverbot für Frauen in nationalen und internationalen Hilfsorganisationen im Dezember verhängt. Mehrere Hilfsorganisationen setzten daraufhin ihre Arbeit in Afghanistan aus. Zuvor hatten die Taliban Frauen bereits den Zugang zu Hochschulen und Mädchen den Besuch von Oberschulen verboten.
Die Nichtregierungsorganisationen in Afghanistan seien von der Taliban-Regierung „in die Irre geführt“ worden, sagte Egeland. Die Islamisten hätten „durch ihre Vertreter versprochen, dass es kein Verbot für weibliche Bildung oder weibliche Mitarbeiter geben wird“.
Taliban international nicht anerkannt
Die Taliban, die im August 2021 wieder die Macht in Afghanistan übernommen hatten, werden bisher von keinem Land offiziell anerkannt. NRC-Generalsekretär Egeland forderte westliche Diplomaten in dem AFP-Interview auf, nach Afghanistan zurückzukehren, um Druck auf Einhaltung der Menschenrechte auszuüben. „Wir sind allein. Wo sind die Entwicklungspartner? Wo sind die internationalen Finanzinstitutionen, die die gesamte Gesellschaft hier unterstützt haben?“.
Nach UNO-Angaben sind mehr als die Hälfte der 38 Millionen Menschen in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen. Seit der Machtübernahme der Taliban hat sich die Wirtschaftskrise im Land verschlimmert.
Die Taliban hatten nach ihrer erneuten Machtübernahme zunächst angekündigt, weniger rigide vorgehen zu wollen als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. Inzwischen wird die Taliban-Führung jedoch zunehmend radikaler.