Kommentar Blutspende

Papa, warum muss ich jetzt schon schlafen gehen? - Weil es so ist!

Homosexuelle Männer und Blutspenden: Ein Thema, bei dem seit 2015 zwar einiges in Bewegung geraten ist, (es galt österreichweit bis dahin ein Totalverbot) dennoch gibt es de facto noch einige Diskriminierungsgründe. So gilt: Nur wer in den vergangen vier Monaten keinen gleichgeschlechtlichen Sexualverkehr hatte, darf sein Blut spenden. Der Moderator Alfons Haider spricht sich vehement gegen diese Regelung aus.

Alfons Haider

Mein Name ist Alfons Haider, ich bin ausgebildeter Schauspieler, Moderator und habe fast mein ganzes Leben auf der Bühne oder vor einer Kamera verbracht. Ich bin in Wien geboren und lebe, abgesehen von meinen zahlreichen beruflichen Auslandsaufenthalten, auch in der schönsten und lebenswertesten Stadt der Welt. Ich liebe Tiere, freue mich über die selbstgezogenen Marillen und Kirschen auf meiner Terrasse. Ich pflege meine kranke Mutter bei mir in meiner Mietwohnung. Ich liebe Science-Fiction-Romane, Musik von Peter Allen, frisch gezapftes Bier im Schweizerhaus und werde nie die Frage in der Überschrift gestellt bekommen, weil ich schwul bin und nie Kinder haben werde.

Ich bin homosexuell, sicher seit meiner Geburt – obwohl ich als Hetero aufgewachsen bin. Sogar verlobt war ich in meinen Sturm und Drang Jahren. Ich bin ein Kind der 70er Jahre und habe die Entwicklung miterlebt, wo homosexuelle Handlungen noch strafbar gewesen sind. Bundeskanzler Kreisky und Justizminister Broda haben es erst im Jahr 1975 möglich gemacht, dass diese Lebensform legal wurde. Um echte Gleichstellung mit heterosexuellen Partnerschaften kämpft man bis heute. Ich habe mich an meinem 40. Geburtstag öffentlich geoutet. Das war 1997 und ich einer der ersten in Österreich, der nicht ganz freiwillig über seine sexuelle Präferenz auf Titelseiten und als Talkgast in ORF-Primetime-Sendungen sprechen musste. Etwas, das „nomalen“ Staatsbürgern als private Angelegenheit zugestanden wird.

Seitdem wurde langsam vieles besser, Diskriminierungen werden weniger, aber wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt, ist die „Schwule-Sau-Keule“ schnell geschwungen. Warum es nach wie vor diese große Angst bei einer, zwar kleiner werdenden, aber trotzdem noch wichtigen Gruppe in unserem Land gibt, kann mir kaum jemand erklären. Übrigens, ich war noch nie Blutspenden. Nicht, weil ich mich fürchte oder weil es einen gesundheitlichen Ausschließungsgrund gibt. Nur weil ich homosexuell bin.

2015 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass der Ausschluss schwuler und bisexueller Männer als Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht erlaubt sein darf. Österreich passte daraufhin seine Blutspendeverordnung Ende 2019 an und verhängte eine Zwölfmonatsfrist statt eines Totalverbots. Die Frist von zwölf Monaten bedeutet, wer in den letzten zwölf Monaten keinen gleichgeschlechtlichen Sexualverkehr hatte, darf sein Blut spenden. Anfang 2021 wurden die zwölf Monate vom ehemaligen Gesundheitsminister Anschober auf vier Monate verkürzt. Ich höre gleich das Argument: „Das Blut, welches der gebärenden Mutter oder dem verunfallten Motorradfahrer hoffentlich das Leben retten wird, muss sicher sein.“ Jegliches Risiko muss vermieden werden – aber welches Risiko stellt mein Blut dar? Spenderblut wird gründlich getestet, bevor es einem Kranken verabreicht wird, so wird mir versichert. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht und wird es nie geben. Aber stellt mein Blut ein höheres Risiko dar als das meines heterosexuellen Managers? Ich glaube nicht, und bis ich eine schlüssige Erklärung für die viermonatige Ausschließung von homosexuellen Männern von einer Blutspende bekomme, werde ich mich nicht mit einem „weil es so ist“ zufrieden geben.

 

Zur Person

Alfons Haider, geboren 1957 in Wien, ist Schauspieler, Sänger, Fernsehmoderator, Kabarettist und Entertainer. Er spielte unter anderem am Theater in der Josefstadt, den Kammerspielen und dem Volkstheater in Wien sowie auf vielen Tourneen im deutschsprachigen Europa. Neben zahlreichen TV- und Filmrollen machte er sich auch einen Namen als erfolgreicher Musical-Darsteller und war von 1998 bis 2012 Intendant der Stockerauer Festspiele. Seit Dezember 2020 ist er Generalmusikintendant des Burgenlandes.

Ebenfalls veröffentlicht wurde der Beitrag in der Zeitschrift  „Doktor in Wien“.

 

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