Derzeit würden jährlich in Deutschland etwa 100.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, heißt es mit Blick auf Daten des Statistischen Bundesamts, „mit insgesamt leicht rückläufiger Tendenz“. 2020 sei in gut der Hälfte der Fälle eine Absaugung durchgeführt worden. Ein medikamentöser Abbruch erfolgte demnach bei knapp einem Drittel der Frauen, eine Ausschabung bei rund jeder Zehnten. „Welche Methode im Einzelfall am besten geeignet ist, sollte in einem ergebnisoffenen Gespräch gemeinsam mit der schwangeren Frau entschieden werden“, wird in der Leitlinie empfohlen.
„In manchen anderen Ländern ist der medikamentöse Abbruch schon stärker verbreitet, da hinkt Deutschland etwas hinterher“, sagte der Koordinator der Leitlinie, Matthias David (Charité Berlin). Für manche Frauen gebe es aber Gründe, sich bewusst für eine OP zu entscheiden. „Im Fall einer OP empfehlen wir statt einer Ausschabung das sicherere Instrument der Absaugung“, sagte David. Aus medizinischer Sicht gelte: Je früher in der Schwangerschaft ein Abbruch durchgeführt werde, desto besser.
Mangel an Studien fußt auch auf ethischen Gründen
Auch wenn es sich beim Schwangerschaftsabbruch aus ärztlicher Sicht um einen Routineeingriff handle, ließen sich die Empfehlungen bislang nur teilweise wissenschaftlich belegen, sagte David. Der Mangel an Studien habe aber auch ethische Gründe. Vor dem Hintergrund ist die Leitlinie konsensbasiert: Für Empfehlungen mussten drei Viertel der beteiligten Fachleute zustimmen.
Aktualisierungen und eine leichter verständliche Version für Patientinnen sind geplant. International gibt es den Angaben zufolge evidenzbasierte Leitlinien für andere Gesundheitssysteme und andere gesetzliche Ausgangsbedingungen. 2020 war bereits ein Handbuch für die klinische Praxis zum sicheren Schwangerschaftsabbruch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Deutsch erschienen.