Österreichischer Arzt in Cherson: Arbeitsbedingungen „sehr schwierig“

Unter sehr schwierigen Bedingungen agieren Ärzte wie Daniel Uy in der Ukraine. Der Allgemeinmediziner, der normalerweise in Wien arbeitet, ist gerade mit Ärzte ohne Grenzen Österreich zwischen Mikolajiw und Cherson auf Einsatz. Er leitet zwei mobile Kliniken in der Region, die am 11. November von den Ukrainern zurückerobert wurde. Das Sicherheitsrisiko, Luftschläge, Minen und Stromausfälle erschweren die Tätigkeit des Teams, berichtet Uy in einem Telefoninterview der APA.

red/Agenturen

Als die Region unter russische Kontrolle gefallen ist, sind auch viele Ärzte geflohen. Unter russischer Militärkontrolle habe es an medizinischer Versorgung gemangelt. Acht, neun Monate hätten die Menschen keine Ärzte zur Verfügung gehabt. „Wir sind eigentlich jetzt die einzigen Ärzte, die sie sehen", erzählt Uy. Sein Team besteht aus 40 bis 50 ukrainischen und internationalen Ärzten, Pflegekräften und Psychologen.

„Für uns ist es natürlich teilweise sehr schwierig, die humanitäre Lage ist sehr kompliziert.“ Es sei sehr viel zerstört worden, die Wasser- und Stromversorgung in den Dörfern teils ganz oder phasenweise unterbrochen. „Der Großteil der Patienten sind ältere Personen mit chronischen Krankheiten, die vielfach kaum mobil sind. Auch Verletzungen werden behandelt. Und um psychische Erkrankungen kümmert sich das Team ebenso, häufig sehen sie posttraumatische Belastungsstörungen, Angststörungen, Schlafprobleme. „Viele Familien haben Familienmitglieder, die in der Armee an der Front sind, das ist natürlich wahnsinnig belastend.“

Die Teams reisen 24 Dörfer ab und versorgen die Krankenhäuser in den Städten Cherson und Mikolajiw mit Medikamenten. Die tägliche Anreise ist langwierig, weil häufig große Umwege in Kauf genommen werden müssen, um nicht auf eine Mine zu fahren. Wenn es keinen Strom gibt, wird es „sehr kalt“ in den Gebäuden, in denen die mobilen Kliniken eingerichtet werden. Manche dieser Gebäude haben nicht einmal Fenster. Eine mobile Klinik befindet sich nur zehn Kilometer von der Frontlinie entfernt.

Hohes Sicherheitsrisiko

Am schwierigsten für Patienten, aber auch für die Ärzte, ist das Sicherheitsrisiko. Als sich die russische Armee zurückgezogen hat, wurde der Großteil des Gebiets vermint. Die großen Hauptstraßen sind mittlerweile wieder von den Sprengkörpern geräumt. Aber in Feldern und auf kleineren Wegen können noch Minen sein. „Da kommt es immer wieder auch zu Vorfällen", berichtet Uy von einer Minenexplosion in unmittelbarer Nähe. „Luftalarm ist sehr häufig, oft werden Raketen vom Schwarzen Meer aus abgeschossen und fliegen über das Gebiet Mikolajiw und Cherson drüber.“ Auch zu direkten Einschlägen sei es gekommen, „zum Glück in letzter Zeit weniger". Uy ist seit Dezember im Einsatz, Anfang März kehrt er nach Wien zurück.

Viele Ukrainer kehrten in ihre Dörfer zurück. Anfangs hatte ein Klinik-Team 15 bis 20 Patienten pro Tag, mittlerweile sind es 40 bis 50, erzählt Uy. „Die Leute kommen stetig zurück seit dem 11. November, auch mit Kindern.“ Der jüngste Patient sei knapp zwei Monate alt gewesen. Außerdem würden viele Menschen aus Cherson-Stadt in die umliegenden Dörfer ziehen. „Die Stadt wird häufig mit Artillerie beschossen und die Situation ist sehr schwierig", erklärt der Arzt.

Die Arbeit in dem Kriegsland bezeichnet Uy als „Achterbahnfahrt der Gefühle". Man höre „sehr schlimme Geschichten". Andererseits sei auch „unglaublich, wie dankbar die Leute sind, weil sie nicht vergessen werden und sich jemand um sie kümmert". Erfreulich sei auch, dass es den Menschen im Verlauf seines zweieinhalbmonatigen Einsatzes sichtbar besser gehe - mental sowie gesundheitlich. Uy merkt, dass die Therapien anschlagen.

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Oles_Navrotskyi