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„Handreichung“

Sexuelle Gewalt im Sport: Kogler will mit Handbuch sensibilisieren

Bei einer Podiumsdiskussion in Wien mit Sportminister Werner Kogler (Grüne) ist am Donnerstag ein neues Handbuch zum Thema „Sexualisierte Übergriffe im Sport“ präsentiert worden. Die vom Verein „100% Sport“ herausgegebene „Handreichung“ ist 66 Seiten stark und enthält mehrere Checklisten für an der Basis tätige Personen, einen Verhaltenskodex und einen Handlungsleitfaden. Richtlinien zum Schutz von Kindern und Jugendlichen könnten künftig Teil der Fördervergabe werden.

red/Agenturen

„Der Sport hat aus vielen Gründen mehr Körperlichkeit“, sagte Minister und Vizekanzler Kogler in Wien. Das sei ein Spezifikum dieses Gesellschaftsbereichs, genauso wie die dazugehörenden Emotionen und Abhängigkeitsverhältnisse. All das mache den Sport vulnerabler für Grenzverletzungen und Gewalt verschiedenster Art - sexuelle Übergriffe seien nur eine Form davon. Die Aufklärung darüber, vor allem Enttabuisierung und Sensibilisierung, seien in der Präventionsarbeit zentral, sagte Claudia Koller, die Geschäftsführerin von „100% Sport“.

Ein „großes Ziel“ sei, dass sexuelle Gewalt „besprechbar wird“. Die Betroffenen selbst, also oftmals Kinder und Jugendliche, sollen in Sportorganisationen ein Umfeld vorfinden, in dem sie sich gefahrlos öffnen können, so Koller. Diesbezüglich seien die Vertrauenspersonen in den jeweiligen Vereinen und Verbänden zentral, berichtete Noelle Kliment, Managing Director des BSFZ Südstadt, aus der Praxis. Martin Poiger, der Präsident des Österreichischen Judoverbandes, pflichtete dem bei, betonte aber auch die Notwendigkeit, bei Verdachtsfällen extrem sensibel vorzugehen: „Die Verfahrensschritte müssen eingehalten werden.“

Update der „Handreichung“

Die „Handreichung“ ist für die dritte Auflage nach 2017 und 2018 komplett überarbeitet und erweitert worden. Neue Ergebnisse der internationalen Forschung seien hineingeflossen, etwa die Erkenntnis, dass die psychische Gewalt alle anderen Gewaltformen übertreffe. Ein weiterer Punkt sei, dass männliche Jugendliche im Sport häufiger von Gewalt betroffen seien. Nur bei sexuellen Übergriffen ohne Körperkontakt sei das nicht der Fall.

„100% Sport“ ist vom Sportministerium 2010 eingerichtet worden und kümmert sich um Themen wie Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung im Sport unabhängig von Alter, Bevölkerungsschicht, sexuellen Orientierungen oder körperlichen und geistigen Handicaps. Inzwischen ist der autonome Verein nach bescheidenen Anfängen im burgenländischen Neudörfl in ein Büro beim Wiener Hauptbahnhof übersiedelt. Koller ist seit 2018 als Geschäftsführerin tätig.

Ein Projekt für die Zukunft könnte in Abstimmung mit dem Sportministerium ein Zertifizierungsprozess für gemeinnützige Vereine sein, wobei die Einführung eines Kinderschutz-Gütesiegels in der Regierung auch für andere Bereiche wie die Kultur angedacht wird. Für den Sport kann sich Kogler vorstellen, Zertifizierungen schrittweise in die Förderstruktur einzubauen. „Zunächst einmal freiwillig“, sagte der Minister. „Aber eher mittelfristig kann man das natürlich, wenn wir an anderen Stellen daran arbeiten, in so eine Art 'Good Governance' in die Förderrichtlinien reinbringen.“