Brustkrebs

Verzögerte Operation verringert Überlebensrate

Bei der häufigsten Krebserkrankung von Frauen, dem Brustkrebs (Mammakarzinom), ist eine schnelle Operation notwendig. Eine Verzögerung solcher Eingriffe führt zu einer verringerten Überlebensrate. Das hat eine US-Studie mit der Analyse der Daten von rund 370.000 Erkrankten ergeben. Mehr als acht Wochen Abstand zwischen Diagnose und Operation wirken sich bereits negativ aus.

red/Agenturen

„Obwohl ein längerer Zeitabstand zwischen der Diagnose von Brustkrebs bis zur primären Operation schon bisher mit schlechteren Überlebensraten verbunden wurde, ist der Zeitpunkt, ab dem es zu diesem Effekt kommt, unbekannt“, schrieben Alyssa Wiener von der Abteilung für Chirurgie der Wisconsin School of Medicine (Madison/US-Bundesstaat Wisconsin) in „JAMA Surgery“, einer Publikation der US-Ärztegesellschaft.

Kapazitätsengpässe in den Krankenhäusern - in den vergangenen Jahren wurden oft auch die Covid-19-Pandemie mit Leistungseinschränkungen im stationären Bereich und in der niedergelassenen Medizin genannt - sowie andere Faktoren können dazu führen, dass wichtige medizinische Interventionen erst mit Verspätung erfolgen. In den USA ist das häufig auch eine mangelnde oder nur bedingt funktionierende Krankenversicherung.

Die US-Wissenschafter haben deshalb den Einfluss des Zeitabstands zwischen einer Mammakarzinomdiagnose und dem chirurgischen Eingriffe zur Entfernung des Primärtumors auf die Überlebensraten untersucht. Sie analysierten die Daten von 373.334 Patientinnen, die zwischen 2010 und 2014 in den Vereinigten Staaten an Brustkrebs erkrankt waren. Das mittlere Alter betrug 61 Jahre. Verglichen wurden Zeitabstände zwischen Feststellung der Erkrankung und Operation von vier Wochen oder mehr als acht Wochen (57 bis 63 Tage oder mehr). Die Nachbeobachtungszeit bezüglich der Überlebenswahrscheinlichkeit betrug mindestens fünf Jahre (bis 2019). Covid-19 konnte deshalb noch keinen Einfluss haben.

Soziale und demografische Faktoren entscheidend

Die Wissenschafter schrieben über ihr Hauptergebnis: „Ein Zeitabstand von neun Wochen (57 bis 63 Tage) oder mehr (bis zur Operation; Anm.) war mit einer geringeren Gesamtüberlebensrate (alle Ursachen; Anm.) im Vergleich zu einer Operation innerhalb der ersten vier Wochen (ein bis 28 Tage) verbunden.“ Insgesamt bedeutete das eine um 15 Prozent erhöhte Sterblichkeit.

Vor allem soziale und demografische Faktoren beeinflussten die Zeitdauer ab der Mammakarzinom-Diagnose bis zu dem notwendigen chirurgischen Eingriff: Ein Alter unter 45 Jahren der Patientinnen führte bereits zu 64 Prozent mehr Operationen erst ab einem Zeitraum von 61 Tagen. Nicht vorhandene Krankenversicherung oder Abhängigkeit von der staatlichen US-Krankenversicherung Medicaid verdoppelte die Häufigkeit der Operationen im Zeitraum von 61 bis 74 Tagen nach Diagnose und mehr als verdreifachte sie (Faktor: 3,42) im Zeitraum ab 74 Tagen. Ähnlich, aber nicht derart frappant wie der Versicherungsstatus, wirkte sich auch die Wohngegend der Erkrankten (nach Einkommenssituation der Nachbarschaft) aus.

Erster Lockdown: Ein Fünftel weniger Spitalsaufenthalte

Im Jahr 2020 wurden in Österreich 19.641 Krebsdiagnosen bei Frauen gestellt. Auf Brustkrebs entfielen rund 28 Prozent der Krebs-Neuerkrankungsfälle sowie 17 Prozent aller Krebssterbefälle.

Aktuell könnten in Österreich vor allem potenziell verspätete Neudiagnosen bei Krebs während der Covid-19-Pandemie in den nächsten Jahren für Probleme sorgen. So gab es bei den Vorsorgekoloskopien bezüglich Darmkrebs als dritthäufigste Krebserkrankung bei Männern und Frauen in Österreich 2020 einen Rückgang um 14,82 Prozent. Bei den medikamentösen Therapien und in der Strahlentherapie war zwar kein großer Rückgang sichtbar, anders war das bei den Krebsoperationen.

Von 2017 bis 2019 hielten sie sich auf einem annähernd gleichen Niveau, um sich 2020 um etwa fünf Prozent zu verringern. Besonders stark war von März bis Juni 2020 der vorübergehende Rückgang der Zahl der Spitalsaufenthalte infolge von Brustkrebsoperationen - zeitweise um bis zu etwa ein Fünftel. Möglicherweise sollte bei der Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie auch auf solche Effekte Bedacht genommen werden.

Studie

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