Pressestunde
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„Es gibt 47.000 Ärztinnen und Ärzte in Österreich, die auf ihren Einsatz warten"

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres war Sonntagvormittag zu Gast in der Pressestunde. Rainer Nowak, Chefredakteur der „Presse“, und Gaby Konrad, ORF, befragten Szekeres zur geplanten Covid-Impfung durch Hausärzte, die Digitalisierung des österreichischen Gesundheitssystems und Impfpriorisierungen.

red

Szekeres, hauptberuflich am AKH arbeitend, hat der Impfpriorisierung entsprechend selbst schon den ersten Stich bekommen. „Wir haben in Wien zudem am vergangenen Wochenende täglich 3000 Ärztinnen und Ärzte in einer Impfstraße geimpft, was ein großer Erfolg war“, so der ÖÄK-Präsident. Insgesamt wurden damit über 12.000 Personen mit der ersten Teilimpfung versehen.

Bezüglich der Engpässe bei den Impfdosen sieht er ein Versäumnis der EU, „man hätte durchaus früher mehr Impfstoff bestellen können“, nachdem das aber nicht passiert sei, müsse man sich nach der Decke strecken. Szekeres zeigt sich allerdings zuversichtlich, dass die bestellten 900.000 Dosen des Biontech/Pfizer Impfstoffes auch kommen werden, denn Pfizer und Biontech hätten ihre Kapazitäten ausgebaut, es würde daher ab Februar mehr produziert werden.

Einen eventuellen Ausfall des AstraZeneca Impfstoffs für die Über-55-Jährigen (der Impfstoff steht wohl kurz vor der Zulassung durch die EMA) sieht Szekeres als logistische Herausforderung, denn „in diesem Fall muss man Möglichkeiten finden, jüngere Risikopatienten schneller zu impfen. Es gibt 47.000 Ärztinnen und Ärzte in Österreich, die sozusagen Gewehr bei Fuß stehen und auf ihren Einsatz warten.“ Falls AstraZeneca nur eingeschränkt einsetzbar sei, müsse man Hausärzten auch ermöglichen, den logistisch schwerer händelbaren Biontech-Impfstoff zu verimpfen. „Möglich ist es, denn derzeit wird ja abseits der Impfstraßen auch in Heimen von niedergelassenenen Ärztinnen und Ärzte geimpft“ so Szekeres.

Beim Thema Digitalisierung im Gesundheitssystem wird Israel von Rainer Nowak als „gelobtes Land“ bezeichnet, Österreich sei hier allerdings nicht gerade bekannt für seine Vorreiterrolle. Szekeres sieht hier aber große Schritte nach vorn, Stichwort ELGA und E-Impfpass, „der nicht schlecht funktionieren würde, 70 Prozent aller Covid-Impfungen sind bereits eingemeldet.“ Natürlich gäbe es die Idee, dort künftig auch alle Auffrischungen einzutragen und weitergedacht auch Erinnerungen an Vorsorgeuntersuchungen und Ähnliches digital abzuwickeln. „Die Ärzteschaft hatte hier allerdings immer große Bedenken bezüglich hochsensibler Daten“ ergänzt Szekeres die Frage des „Presse“ Chefredakteurs, warum man hier im Gegensatz zu anderen Ländern deutlich nachhinke und sich gegen ELGA lange gewehrt habe. 

Bezüglich Impfpriorisierungen hat Szekeres zur kürzlich heiß debattierte Vorreihung etwa von Bürgermeistern eine klare Haltung. „Hält sich jemand oft in Pflege- oder Altenheimen auf, dann macht es natürlich Sinn, ihn zu impfen. Jemanden nur aufgrund seiner Funktion zu impfen, das verurteile ich. Allerdings würde ich es durchaus für sinnvoll halten, in Bälde Spitzenpolitiker zu impfen, nicht vor den Über-Achtzigjährigen, aber möglichst rasch. Erstens hätte es Vorbildwirkung und zweitens tragen diese Menschen enorm viel Verantwortung für das Land.“

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sagte in der Pressestunde außerdem, dass die Nachschärfungen, welche ab morgen, Montag, gelten, wie beispielswiese die Pflicht für FFP2-Masken sowie ein größerer Abstand, gut seien. „Es liegt an uns allen, es zu verhindern, dass die Zahlen wieder steigen.“ Hoffnungsschimmer seien unter anderem die Corona-App sowie Medikamente, die verhindern, dass man schwer an Covid-19 erkrankt.

Schulen, Gondeln und Mutationen

Auf die Frage, ob die jetzigen Impfungen auch gegen die neuen Mutationen des Corona-Virus helfen, sieht Szekeres es positiv und verweist darauf, dass man auch bei der Grippe jedes Jahr impfen muss. Ähnliches könne er sich auch für die Corona-Impfung vorstellen.

Zum Thema Gondeln in Skigebieten sagt Szekeres klar: „Wenn die Zahlen weiter steigen, dann müssen sie geschlossen werden.“ Ähnliches gilt für den Ärztekammerpräsidenten auch für die Schule. Man müsse bei der möglichen Öffnung von Schulen vorsichtig seine, denn es sei bewiesen, dass sich auch Kinder anstecken und das Virus weitergeben können. Eine richtige und wichtige Maßnahme seien auf jeden Fall die regelmäßigen Testungen.

Verständnis zeigte Szekeres für die Familien, die noch immer Homeschooling und Homeoffice unter einen Hut bringen müssen, aber die Öffnung der Schulen dürfen nur „unter gesicherten Bedingungen“ geschehen.  

Impfpflicht und Endes des Lockdowns

Die Zahlen der täglich Neuinfizierten sollte jedenfalls stark unter 1000 fallen, um über mögliche Öffnungsschritten nachzudenken. Der Weg raus aus der Pandemie sei die Impfung und Medikamente, so Szekeres in der Pressestunde.

Die Notwendigkeit einer Impfpflicht beim medizinischen Personal sieht der Ärztekammerpräsident in Österreich nicht. „Fast 100 Prozent der Ärztinnen und Ärzte lassen sich impfen.“ Bei der Einstellung in den Krankenhäusern werde sowieso der Impfstatus erhoben, dies könne er sich dann auch für Covid vorstellen.

„Die Regierung hat viel richtig gemacht. Österreich war eines der ersten Länder, die einen Lockdown verhängten. Das war eine mutige Entscheidung der Bundesregierung“, zieht der Ärztekammpräsident am Ende der Pressestunde Bilanz über das letzte Jahr. Natürlich seien auch Fehler passiert, aber insgesamt sei viel richtig gewesen. „Einen unbeschwerten Sommer kann ich nicht versprechen“, sagt Szekeres zum Thema Aussichten für die nächsten Monate, aber „ich hoffe es“. Der Weg dorthin sei auf jeden Fall „viel impfen und bald impfen“.

Thomas Szekeres in der Pressestunde
Der heimischen Regierung empfahl Thomas Szekeres, sich in Hinblick auf mögliche Mutationen schon jetzt modifizierte Impfstoffe für den Herbst und Winter zu sichern.
ORF/Screenshot
 
© medinlive | 20.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/index.php/gesundheitspolitik/es-gibt-47000-aerztinnen-und-aerzte-oesterreich-die-auf-ihren-einsatz-warten