Österreich bei CAR-T-Zelltherapie im Spitzenfeld
Bei bestimmten Formen von Blutkrebs, vor allem bei einer Untergruppe von Lymphomen, ist bei Nichtansprechen auf die herkömmlichen Therapien oder bei Rückfällen eine Behandlung mit sogenannten CAR-T-Zellen derzeit die beste Option. Im Vergleich zu anderen Staaten schafft hier das in Österreich im Jahr 2019 gegründete CAR-T-Netzwerk Erfolgsraten im Spitzenfeld, belegen aktuelle Daten.
Die Therapie mit sogenannten chimären T-Zellen (CAR-T-Zellen) ist seit wenigen Jahren zunehmend in der Hämatologie etabliert, vor allem bei sonst nicht mehr erfolgreich behandelbaren Leukämien oder Myelomen. Die Therapie ist aber extrem aufwendig. Für sie werden dem Patient:innen zunächst körpereigene Abwehrzellen (T-Zellen) entnommen und außerhalb des Körpers so verändert, dass sie effektiver gegen die bösartigen Blutzellen vorgehen können.
Dazu statten Wissenschafter die T-Zellen im Labor mit dem Gen für ein besonderes Rezeptorprotein aus. Dieser „chimäre“ Antigenrezeptor (CAR) erkennt als Zielstruktur ein Proteinmolekül, das die potenziell bösartigen Zellen charakterisiert. Die CAR-T-Zellen werden anschließend vermehrt und dem Patient:innen wieder übertragen - wo sie dann bösartig veränderte Blutzellen bekämpfen. Die ersten Ergebnisse klinischer Studien hatten extrem hohe Ansprech- und Heilungsraten bei Patienten gezeigt, die sonst kaum mehr Behandlungschancen hatten.
Wegen des hohen Aufwandes für diese Therapien gründeten die österreichischen Spezialisten 2019 das österreichische CAR-T-Netzwerk mit sechs Zentren (AKH Wien, St. Anna Kinderspital, Medizinische Universitätsklinik Graz, Elisabethinnen Linz, Medizinische Universitätsklinik Salzburg, Universitätsklinik Innsbruck). Damit sollte die Auswahl der passenden Patient:innen – vor allem Menschen mit Rückfällen oder sonst nicht ausreichend behandelbaren großzelligen B-Zell-Lymphomen – reguliert werden. Zusätzlich soll ein Register einen Überblick über die Ergebnisse geben. Ursprünglich lagen die Kosten der Therapie pro Patient bei um die 300.000 Euro.
Bei knapp 64,7 Prozent komplettes Verschwinden der Krankheitszeichen
Bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (ÖGHO) wurden Ende März/Anfang April in Innsbruck wurden die neuesten Auswertungen des Registers von dem Tiroler Hämatologen Jakob Rudzki (Universitätsklinik für Innere Medizin V/Innsbruck) präsentiert, berichtete der österreichische Medizinfachverlag MedMedia. Demnach könnten die „Real-World-Daten“ der österreichischen Zentren auch im internationalen Vergleich mit jenen des repräsentativsten europäischen CAR-T-Zelltherapie-Registers (DESCAR-T-Register; Frankreich) mithalten.
So wurde mit dem offenbar wirkungsvollsten CAR-T-Zellverfahren (Axicabtagene-ciloleucel) bei knapp 64,7 Prozent der Behandelten ein komplettes Verschwinden der Krankheitszeichen der Lymphomerkrankung erzielt, bei weiteren 5,9 Prozent ein teilweises Ansprechen. In dem französischen Register lag die Rate der kompletten Remissionen bei 60,3 Prozent (teilweise: 20,1 Prozent), in dem Register des US-Konsortiums zu diesen Therapien bei 64 Prozent bzw. 18 Prozent. Die Erfolgsraten mit anderen zugelassenen CAR-T-Zelltherapien dürften demnach etwas geringer sein. Bei bis zu der Auswertung der Daten in Österreich 65 behandelten Patient:innen zeigt sich damit, dass die Qualität der Therapie in Österreich jener in viel größeren Staaten mit viel mehr Patienten entspricht. In dem französischen Register sind beispielsweise schon Daten von mehreren hundert Behandelten enthalten. Dementsprechend groß ist die Erfahrung.
Während die ersten Ergebnisse aus klinischen Studien extrem hohe Ansprech- und Heilungsraten bei Patient:innen mit den für eine CAR-T-Zelltherapie infrage kommenden Blutkrebsformen ergeben hatten, zeigen sich in der klinischen Praxis nunmehr auch Limitationen. Nach sechs Monaten leben bei einem zuvor zumindest erzielten Stillstand der Erkrankung gemäß den österreichischen Daten etwas mehr als 70 Prozent der Behandelten. Die Gesamtüberlebensrate beträgt nach einem halben Jahr 85 Prozent, nach einem Jahr etwa 75 Prozent. Laut den Ende des vergangenen Jahres von den österreichischen Spezialisten beim US-Hämatologenkongress (ASH) präsentierten Daten hielt bei den Patient:innen ein durch die CAR-T-Zelltherapie erzielter Stillstand der Erkrankung im Mittel 21,9 Monate an, die mittlere Überlebensdauer betrug 32,8 Monate.