„Kampf um OP-Slots“: Situation angespannt, aber Notfallversorgung aufrecht
Auch nach dem Ende der pandemischen Phase der Coronakrise ist die Situation in den Österreichischen Spitälern angespannt. Die Notfallversorgung sei aber weiterhin gesichert, hieß es am Freitag aus den Bundesländern, diese sind für den Betrieb der Krankenhäuser zuständig. In den Wiener Krankenanstalten sind rund 800 Betten gesperrt, in Linz herrsche wegen des Nachholbedarfs bei Operationen regelrechter „Kampf um OP-Slots“, ergab ein Rundruf der APA - Austria Presse Agentur.
Bei den Bettensperren handle es sich zudem um eine übliche Maßnahme. „Sie sind immer eine Momentaufnahme und das Betten-Management einer Klinik ein dynamischer Prozess“, betonte der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV). Gründe seien Sanierungen, technische Wartungen oder personelle Gründe wie Krankenstände. Allerdings sind laut WIGEV im Bereich der Pflege rund 550 Dienstposten sowie 140 Ärzte-Dienstposten zu besetzen. „Die Lage in Wien ist genauso katastrophal wie in den Bundesländern“, so Kurien-Obmann Stefan Ferenci von der Ärztekammer Wien. Die Wiener Patientenanwaltschaft sprach von einem aktuell normalen Aufkommen an Beschwerden.
In den Spitälern in Niederösterreich gibt es aktuell trotz eines historischen Höchststands bei ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern Herausforderungen personeller Natur. Diese seien vor allem an einzelnen Standorten sowie tageszeitabhängig gegeben, sagte Gottfried Feiertag von der Gesundheitsgewerkschaft in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) zur APA. Aufgrund Personalmangels gesperrt sind nach Angaben der Landesgesundheitsagentur (LGA) vom Freitag 248 von 7.614 Betten. Die entsprechende Quote beträgt also 3,26 Prozent. „Sowohl der Betrieb als auch die Notfallversorgung sind in den NÖ Kliniken gesichert“, wurde betont.
Knapp zehn Prozent der Betten in Oberösterreichs Spitälern sind aktuell gesperrt, das sind in Zahlen ausgedrückt 720 von 7.927 Betten. Der Grund: Personalnot, hieß es sowohl bei den Ordensspitälern und der OÖ. Gesundheitsholding, zu der die Regionalkrankenhäuser und das Linzer Uniklinikum (KUK) gehören. Allein 363 Stellen - von Reinigungskraft bis zum medizinischen Personal - seien aktuell bei den OÖ. Gesundheitsholding-Kliniken ausgeschrieben, so eine Pressesprecherin. Schon vor der Pandemie habe „in den oberösterreichischen Krankenhäusern nachweislich 20 Prozent zu wenige Beschäftigte gearbeitet“, sagte Helmut Freudenthaler, Betriebsratsvorsitzender des Med-Campus. Jetzt komme der Nachholschub von Operationen hinzu.
Die Situation in Salzburgs Spitälern bezeichnete Gesundheitsreferent LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) am Freitag im APA-Gespräch als angespannt, die Versorgung der Patient:innen wie auch die Notfallversorgung sei aber sichergestellt. Die Arbeit in den Krankenhäusern nehme zu, deshalb seien immer mehr Stellen erforderlich. „Es wird von Jahr zu Jahr mehr Personal eingestellt. Die Problematik ist, wir können leider nicht alle Stellen besetzen“, sagte Stöckl. Aufgrund der demografischen Entwicklung - die Menschen werden immer älter - und wegen der Multimorbidität gebe es nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa eine enorme Leistungsverdichtung im Gesundheits- und Pflegebereich.
ÖGKV fordert bessere Gehälter
In Tirols Spitälern ist die Versorgung der Patienten trotz einer äußerst angespannten Personalsituation offenbar ebenfalls gewährleistet. „Alle Berufsgruppen sind dahinter, dass die Versorgung aufrecht bleibt“, sagte etwa Birgit Seidl, Betriebsratsvorsitzende der tirol kliniken, am Freitag der APA. Der Schwerpunkt des Personalmangels liege in der Pflege und nicht der Ärzteschaft, hieß es aus der Innsbrucker Klinik. Die Ärztekammer sah indes keine Gefährdung der Notfallversorgung.
In den Vorarlberger Krankenhäusern sei die Situation zwar angespannt, aber nicht so sehr wie in anderen Bundesländern. Das sagte am Freitag auf APA-Anfrage Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG). „Die Notversorgung ist sowieso gewährleistet, dringliche medizinische Eingriffe sind es auch“, betonte Fleisch. Einen Personalmangel gebe es sowohl in der Pflege als auch in der Ärzteschaft.
Die Personalsituation in Kärntens Krankenanstalten ist „durchaus angespannt“ - allerdings seien weder Versorgung noch Notfallversorgung gefährdet, hieß es am Freitag auf APA-Anfrage vom Kärntner Krankenanstaltenbetreiber Kabeg. Der Höhepunkt des Personalmangels vor eineinhalb Jahren sei überschritten, und auch mit den stärksten Coronawellen sei die aktuelle Situation in Kärnten nicht zu vergleichen.
Die Situation in burgenländischen Krankenanstalten ist laut Angaben der Gesundheit Burgenland (vormals KRAGES) und der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt vergleichsweise entspannt. In den vier Häusern der Gesundheit Burgenland seien alle Bettenstationen in Betrieb, die Versorgung „selbstverständlich ohne Einschränkungen aufrecht“, hieß es zur APA. Wegen des Personalmangels in den heimischen Spitälern forderte der Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) am Freitag dringend bessere Gehälter gefordert. „Wir werden höhere Löhne zahlen müssen, um hier das Schlimmste einmal abzufangen und dann brauchen wir natürlich mittelfristig und längerfristige Maßnahmen“, sagte ÖGKV-Präsidentin Elisabeth Potzmann am Freitag im Ö1-„Morgenjournal„. Der Mangel in der Pflege betreffe im Unterschied zu jenem bei Ärzten alle Gesundheitsbereiche.
Rektoren der Medizin-Universitäten sehen Verteilungsproblem
Am Vortag hatte der Krankenpflegeverband mit der Meldung aufhorchen lassen, die Notfallversorgung in Österreich sei „nicht mehr gesichert“ und laut einer Pflegerin seien bereits zwei Patienten in einer Notfallambulanz unbemerkt verstorben, weil diese so lange auf die Versorgung warten mussten. „Natürlich sterben im Krankenhaus Menschen und vielleicht wären diese zwei Personen auch gestorben, wenn Maßnahmen gesetzt worden wären“, erläuterte Potzmann dazu im ORF-Radio. „Was aber neu ist, ist, dass wir die Maßnahmen gar nicht mehr einleiten können rechtzeitig oder auch nur feststellen können abschließend, warum die Patienten hier sind.“
Die zunehmenden Versorgungsprobleme in manchen Spitälern bzw. Engpässe bei Kassenordinationen bestimmter Fachrichtungen haben für die Rektoren der Medizin-Universitäten nichts mit einem Ärztemangel, sondern mit einem Verteilungsproblem zu tun. Ein Ausbau der Studienplätze sei als Gegenmaßnahme deshalb sinnlos, würde aber die Qualität von Ausbildung und Studium und auch die Österreicher-Quote beim Aufnahmeverfahren gefährden, warnten sie bei einem Hintergrundgespräch. „In Österreich gibt es kein quantitatives, sehr wohl aber ein qualitatives Problem“, betonte Markus Müller, Rektor der Medizin-Uni Wien.