Von der mysteriösen „4H“-Krankheit zur weltweiten Bedrohung HIV
Vor über 40 Jahren wurden die ersten Aids-Erkrankungen festgestellt - allerdings gab es damals weder den Namen Aids noch genauere Kenntnisse über die Ursache der Immunschwächekrankheit. Der Erreger, der später den Namen HIV bekam, wurde 1983 entdeckt. Bis heute sind weltweit 40,1 Millionen Menschen an Aids gestorben - aber auch bedeutende Fortschritte in der Bekämpfung der Krankheit gemacht worden:
1981: Erster Alarm
Am 5. Juni 1981 meldet die US-Gesundheitsbehörde CDC eine seltene Form der Lungenentzündung bei jungen Homosexuellen in Kalifornien. Es ist die erste offizielle Warnung vor Aids - damals weiß allerdings noch niemand, dass es sich um eine neue Krankheit handelt. Ende 1981 stellen die Gesundheitsbehörden dieselben Infektionen bei Drogenkonsumenten fest, Mitte 1982 auch bei Blutern, die Bluttransfusionen erhalten, sowie bei in die USA eingewanderten Haitianern.
Entsprechend wird zunächst von der „4H“-Krankheit gesprochen, was für Homosexuelle, Heroin-Abhängige, Haitianer und „Hemophiles“, also Bluter, steht. Der Name Aids wird 1982 geprägt und ist die Abkürzung von „acquired immune deficiency syndrome“, also erworbenes Immunschwäche-Syndrom.
1983: Entdeckung des Virus
Im Januar 1983 isolieren die Forscherin Françoise Barré-Sinoussi und ihr Kollege Jean-Claude Chermann am Pariser Institut Pasteur unter der Leitung von Luc Montagnier ein neues Virus, das sie LAV nennen und das aus ihrer Sicht an Aids „beteiligt sein könnte“. Ihre Entdeckung wird am 20. Mai im Fachblatt „Science“ veröffentlicht.
Am 23. April 1984 verkünden die USA, dass der US-Virologe Robert Gallo den „wahrscheinlichen“ Aids-Erreger, ein HTLV-III getauftes Virus, gefunden hat. LAV und HTLV-III erweisen sich schließlich als derselbe Erreger, der 1986 den Namen Humanes Immundefizienz-Virus erhält, kurz HIV.
1987: Erste Behandlung
Am 20. März 1987 wird in den USA mit Zidovudin (AZT) die erste antiretrovirale Therapie zugelassen. Sie ist kostspielig und verursacht bedeutende Nebenwirkungen.
Am 31. März unterzeichnen Frankreich und die USA eine Vereinbarung, um ihren Streit über die Entdeckung des HI-Virus beizulegen. Gallo und Montagnier werden darin als „Co-Entdecker“ bezeichnet. Der 2008 für die Entdeckung verliehene Medizin-Nobelpreis geht allerdings nur an Montagnier und Barré-Sinoussi.
Anfang der 90er Jahre: Aids zieht immer weitere Kreise
Der US-Schauspieler Rock Hudson ist im Oktober 1985 der erste Star, der an Aids stirbt. Es folgen Queen-Frontmann Freddie Mercury im November 1991 und Ballett-Star Rudolf Nurejew im Januar 1993.
1994 wird Aids zur häufigsten Todesursache bei Menschen in den USA zwischen 25 und 44 Jahren.
1995-96: Beginn der Kombinationstherapien
In den Jahren 1995 und 1996 markiert die Einführung zweier Medikamententypen einen Wendepunkt in der Aids-Therapie: Proteasehemmer und Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (RTI). Das ist der Beginn der antiretroviralen Kombinationstherapien, die sich als sehr wirksam gegen HIV erweisen. 1996 geht die Zahl der Aids-Opfer in den USA erstmals zurück. Heutzutage hat ein HIV-Infizierter, der früh mit der antiretroviralen Therapie beginnt, eine ähnliche Lebenserwartung wie der Rest der Bevölkerung.
2001: Generika
Nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen UN-Aids-Programms (UNAIDS) und fünf Pharmariesen im Jahr 2000 zur Verteilung erschwinglicher Aids-Medikamente in armen Ländern wird im folgenden Jahr ein Kompromiss in der Welthandelsorganisation (WTO) erzielt. Entwicklungsländer dürfen nun kostengünstige Nachahmer-Produkte von Aids-Medikamenten, sogenannte Generika, herstellen.
2010: „Berliner Patient“
Der aus den USA stammende Timothy Brown wird von HIV geheilt, als ihm wegen einer Leukämie-Erkrankung Knochenmark eines genetisch gegen HIV immunen Menschen transplantiert wird. Dem Fall des sogenannten Berliner Patienten folgen weitere derartige Heilungen, eine reguläre HIV-Therapie lässt sich dadurch zunächst aber nicht entwickeln.
2012: Erste Vorsorge-Behandlung
Am 16. Juli 2012 wird in den USA eine erste Vorsorge-Behandlung gegen HIV zugelassen. Die Gabe eines antiretroviralen Medikamentencocktails in Form einer Tablette hat sich bei Menschen mit hohem HIV-Ansteckungsrisiko als wirksame Vorbeugung etabliert.
2017: Therapie für gut 50 Prozent der Infizierten
2017 werden erstmals mehr als die Hälfte der Träger von HI-Viren antiretroviral behandelt. Bis heute ist der Anteil nach UN-Angaben auf rund drei Viertel gestiegen: 28,7 Millionen von 38,4 Millionen Infizierten weltweit erhielten nach UN-Schätzungen im Jahr 2021 eine geeignete Therapie.
2020/21: Auswirkungen der Corona-Pandemie
Wegen der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus und der deswegen verhängten Restriktionen übersteigen die Zahlen der HIV-Neuinfektionen und Aids-Todesopfer 2021 die UNAIDS-Zielvorgaben. Die UN-Organisation hält dennoch an ihrem Ziel fest, Aids als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030 zu beenden.