Pneumologie
| Aktualisiert:
Pneumologie

COPD wird mit rund 400.000 Betroffenen zur Volkskrankheit

Am Mittwoch war der diesjährige Welt-COPD-Tag. Neueste Forschungsergebnisse am Otto-Wagner-Spital zeigen, dass gesundes Gewebe nachwachsen kann.

red

Arschang Valipour ist Lungenspezialist am Otto-Wagner-Spital und maßgeblich an internationalen Forschungsprojekten beteiligt. „Bei rund 400.000 COPD-Betroffenen in Österreich kann man eigentlich schon von einer Volkskrankheit sprechen. Unsere Aufgabe ist es, einerseits den Patienten nach derzeitigem Stand der Wissenschaft bestmöglich zu behandeln und gleichzeitig neue Behandlungsmethoden zu entwickeln“, so Valipour. In Zusammenarbeit mit dem Ludwig Boltzmann Institut für COPD und Pneumologische Epidemiologie arbeitet Forschungsgruppenleiter Valipour an neuen Therapien.

Bronchiale Rheoplastie als neue Behandlungsmethode

Viele COPD-Patienten, vor allem jene mit Lungenemphysem, können die eingeatmete Luft nicht vollständig ausatmen, weswegen sich Teile der Lunge krankhaft aufblähen. „Bei der Ventiltherapie werden kleine Einwegventile mittels einer Lungenspiegelung in die Lunge eingesetzt, die verhindern, dass Atemluft in die geschädigten Teile der Lunge gelangt. Die Ventile verschließen sich beim Einatmen und öffnen sich beim Ausatmen, die krankhafte Lungenüberblähung nimmt damit ab, die Atmungskapazität gesünderer Lungenabschnitte nimmt wieder zu“, erklärt Valipour. Zudem haben die Ventile den großen Vorteil, dass sie im Gegensatz zu vielen anderen Eingriffen reversibel sind. Sollten Nebenwirkungen auftreten, können sie in wenigen Minuten wieder entfernt werden. Die KAV-Lungenabteilung am Otto-Wagner-Spital ist in Wien die einzige Abteilung, die die Ventiltherapie derzeit anbietet. Sie wurde hier vor 15 Jahren entwickelt und ist für geeignete Patienten seit fünf Jahren ein Routineverfahren.

Aktuell untersucht die Forschungsgruppe rund um Valipour am Otto-Wagner-Spital gemeinsam mit klinischen Forschungseinrichtungen in den USA und Australien an einer neuen Behandlungsmethode, der „Bronchialen Rheoplastie“. Dabei werden über einen Katheter elektrische Impulse an die Bronchialschleimhaut abgegeben. Die krankhafte Schleimhaut stirbt ab und gesunde Schleimhaut kann nachwachsen. Forschungsleiter Valipour stellte heuer die Forschungsergebnisse im Rahmen des Europäischen Lungenkongresses in Paris vor: „Die Forschungsergebnisse bescheinigen die Bronchiale Rheoplastie als sicheres und effektives Verfahren. Behandelte Patienten zeigten darüber hinaus nach sechs Monaten eine deutliche Verbesserung ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Neben der subjektiven Verbesserung bestätigten auch krankheitsspezifische Marker die Wirksamkeit.“ so Valipour.

Lungenvolumen um 30 Prozent gesteigert

Um die Aufmerksamkeit auf die unheilbare Lungenkrankheit zu erhöhen, hat sich am Mittwoch der Wiener Eberhard Jordan seiner ganz persönlichen Herausforderung gestellt - er bestieg den Wiener Stephansdom. Neben gezieltem Aufbautraining und Medikamenten machte vor allem die neue Therapie mit implantierten Ventilen, die am Otto-Wagner-Spital durchgeführt wurde, die heutige Leistung des 56-Jährigen möglich. Nach der Implantation stieg das Lungenvolumen des Patienten um 30 Prozent. So konnte der 56-Jährige die 343 Stufen zur Türmerstube im Südturm des Doms meistern. 

Zur Sicherheit war ein Team aus Ärzten und Therapeuten vor Ort, auch ein Wagen des Roten Kreuzes stand bereit. Bei seinem Aufstieg begleiteten ihn neben Familie und Freunden auch der „Gastgeber“, Dompfarrer Toni Faber, sowie der Lungenfacharzt Valipour. „Das war für ihn ein persönlicher K2, der zweithöchste Berg. Der Mount Everest ist dann der Donauturm“, sagte Valipour gegenüber „kurier.at“.

COPD ist eine fortschreitende Lungenerkrankung. Dabei verengen sich die Atemwege, wodurch vor allem die Ausatmung zunehmend erschwert wird. Mit Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu zunehmender Infektanfälligkeit, häufig begleitet von regelmäßig Husten und Auswurf. Bei manchen Betroffenen kommt es zur Entwicklung eines Lungenemphysems, einer krankhaften Überblähung der Lunge. 

Europaweit sind 44 Millionen Menschen mit der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD diagnostiziert. Die Dunkelziffer liegt deutlich höher. Bis 2030 wird COPD laut WHO die dritthäufigste Todesursache weltweit sein.

 

Lungenfunktionstest_ COPD
COPD ist eine der potentiell tödlichen Krankheiten, die mit Feinstaub assoziiert werden. Die Lunge reagiert hier mit überschießenden Entzündungsreaktionen.
iStock_Jan-Otto
 
© medinlive | 19.04.2024 | Link: https://www.medinlive.at/index.php/wissenschaft/copd-wird-mit-rund-400000-betroffenen-zur-volkskrankheit