Die SDGs (Sustainable Development Goals) wurden 2015 beschlossen und sehen u.a. die massive Reduktion der Armut, umfassenden Klimaschutz oder hochwertige Bildung für alle bis zum Jahr 2030 vor. Stand 2023 würden die ambitionierten, aber oft auch als unkonkret kritisierten Ziele zumindest zeigen, „dass wir nicht auf einem guten Weg sind“, sagte die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter im Rahmen der Veranstaltung des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) und der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Viele der mit den Zielen adressierten Probleme hätten die Nebenwirkungen der fossilen Lebensweise mit sich gebracht oder befördert.
Die aktuelle Situation mit den zunehmend spürbaren Klimawandel-Auswirkungen, der erst ausklingenden Covid-19-Krise, bewaffneten Konflikten wie dem Ukraine-Krieg oder Teuerungen erzeuge nun ein tiefes Gefühl der Unsicherheit, sagte der Direktor des Human Development Report Office (UNDP), Pedro Conceição, angesichts des jüngsten Berichts zu den SDGs mit dem Titel „Unsichere Zeiten, unsichere Leben: Unsere Zukunft in einer sich verändernden Welt gestalten“. Das Papier ist im Herbst 2022 erschienen.
Rechter Flügel wird gestärkt
In vielen Ländern der Welt fühlen sich Menschen zunehmend unsicherer, verlieren ihr Vertrauen in die Mitbürger:innen und würden in Richtung der „Extreme im politischen Spektrum gezogen“, sagte Conceição. Vor allem der rechte Flügel werde unter den aktuellen Umständen gestärkt. Rechte Bewegungen mit ihrer Tendenz zur autoritären Führung dürften die Unsicherheit sehr gut zu nutzen verstehen. Die Entwicklung drohe die Erosion von demokratischen Abläufen voranzutreiben, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für Konflikte erhöhe. Das sehe man etwa in der Sahelzone in Westafrika, wo bereits stark spürbare Klimawandel-Auswirkungen u.a. Entwicklungen anstoßen, die in den vergangenen Jahren zunehmend in bewaffneten Umstürzen gipfelten.
Er sei aber auch positiv eingestellt, so der Wissenschafter und Erstautor des Reports: „Unsicherheit kann auch positive Veränderungen anstoßen.“ Die Covid-19-Krise habe gezeigt, dass vieles an Innovation möglich ist, das vorher unvorstellbar war. Dazu brauche es aber entsprechende auch Anstrengungen. Klimaschutz müsse auf jeden Fall in Verbindung mit dem Ausbau sozialer Absicherung vor allem in Ländern mit geringerem Einkommen gedacht und umgesetzt werden - auch um negative Effekte für die am meisten Betroffenen abfedern. Ohne das Gefühl, das Leben besser gestalten zu können, drohe auch der Kampf gegen den Klimawandel ins Leere zu laufen, so die Diskutanten.
Aussicht auf verbessertes System
Die Reduktion von Armut und Ungleichheit sei ein starkes Mittel, um Klimaschutz voranzutreiben. Umweltbewusstsein könne zum verbindenden und sinnstiftenden Faktor und die Energiewende zum grundlegenden Veränderungsmotor werden, so Winiwarter. Die notwendigen Maßnahmen in der Klimapolitik müssen nicht die Handlungsfähigkeit der Menschen einschränken, insgesamt brauche es in dem Zusammenhang die Aussicht auf ein grundsätzlich verbessertes System, so IIASA-Wissenschafter Keywan Riahi. Die Wissenschaft spiele hier eine „kritische Rolle“. Sie könne „eine Brücke zwischen dem Wissen und den Abläufen politischer Entscheidungen schaffen.“ Dabei sollte man aber tunlichst versuchen, Ideologien herauszuhalten.
Klar sei: „Wir reden hier von der 'großen Veränderung'“ - in etwa vergleichbar mit den einstigen Umwälzungen nach der Entwicklung der Landwirtschaft, so Conceição. Mittlerweile würden Umfragen deutlich zeigen, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes groß sind. Vielfach werde jedoch auch nicht gehandelt, weil Menschen denken, dass das ihren Mitmenschen nicht bewusst ist bzw. diese auch nicht dementsprechend handeln würden. Das zu überwinden, wir nicht einfach: „Gesellschaften können sich aber verändern“, so der UNDP-Experte.
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Der UNO-Bericht „Unsichere Zeiten, unsichere Leben: Unsere Zukunft in einer sich verändernden Welt gestalten“ hier zum Nachlesen.