Der aktuelle Zustand habe sich bereits seit Herbst 2021 entwickelt, erläuterte Samonigg. Aus Krankenhäusern abwandernde Ärzt:innen gehen vor allem „schlichtweg in die Praxis oder eröffnen eine Wahlarztpraxis, gehen in den niedergelassenen Bereich und das ist das zentrale Thema. Es ist nicht die Zahl der Ärzt:innen, die zu gering ist, sondern es ist das Problem, dass die Ärzt:innen nicht dort sind, wo sie gebraucht werden“, hielt der Med-Uni-Rektor fest. Das sei „ein sehr massives Problem“ für die, die weiterhin in den Spitälern arbeiten.
Er habe „den starken Eindruck, dass das nicht wirklich auf den Tisch gelegt wird von den Verantwortlichen, dass wir da ein ordentliches Problem haben“. Die Situation führe „naturgemäß zu einer Einschränkung der Behandlungsqualität“ sowie zu erhöhtem Fehlerrisiko „und schlussendlich zu einer Überlastung - physisch wie psychisch - und das ist ja das Problem, warum wir immer wieder Arbeitskräfte vor allem im Pflegebereich verlieren, weil sie den Druck einfach nicht mehr aushalten wollen und auch teilweise nicht mehr können“.
Geld alleine hilft nicht
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) erinnerte angesichts der Alarmrufe aus den Spitälern an die Versuche, im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen für eine Stärkung des ambulanten Bereichs zu sorgen. Angesprochen auf die - öffentlich nicht einsehbare - Zahl der in den Krankenhäusern der Bundesländer wegen Personalmangels gesperrten Betten, meinte er nach dem Ministerrat, man bemühe sich um diese und sei im täglichen Austausch. Nennen konnte er die Zahl allerdings nicht.
„Es wird darum gehen, insgesamt bei der Personalsituation Abhilfe zu schaffen“, sagte Rauch: „Das kann aber nicht rasch geleistet werden.“ Geld allein helfe hier nicht, denn auch im niedergelassenen Bereich fehlten die Kassenärzte. Wichtig sei die Ausbildung, man müsse aber im gesamten Gesundheitsbereich auch die Anwerbung im Ausland forcieren. „Wir können den gesamten Personalbedarf in Österreich nicht abdecken“, unterstrich der Gesundheitsminister.
Gefährdungsanzeige aus der Klinik Ottakring
Als unbefriedigend bezeichnete Rauch auch die Versorgungssituation im psychischen Bereich für Kinder und Jugendliche. Man habe bereits den Ausbildungsschlüssel verändert und versucht, mit dem Programm „Gesund aus der Krise“ eine rasche Behandlung anzubieten und zumindest Spitzen wegzunehmen. Mittelfristig soll die Reform des Psychotherapiegesetzes helfen, so der Minister. Mit dieser soll die Ausbildung an die Unis geholt und dadurch leistbarer werden.
Für Aufregung hatte u.a. eine Gefährdungsanzeige aus der Wiener Klinik Ottakring gesorgt, worin laut Tageszeitung „Der Standard“ vor einem möglichen temporärem Ausfall der Zentralen Notaufnahme (ZNA) gewarnt wurde. Die Gefährdungsanzeige ist „ein präventives Instrument des Klinikmanagements“ und „der Gefahrenabwehr“, das auf mögliche Gefährdungen der Patientensicherheit hinweisen soll, hieß es dazu am Mittwoch aus dem Wiener Gesundheitsverbund.
In der Zwischenzeit hätten bzgl. der ZNA an der Klinik Ottakring mehrere Besprechungen mit dem Verfasser der Anzeige, mit dem Abteilungsleiter und den internistischen Abteilungen bzw. deren Vorständinnen und Vorständen stattgefunden. Im Mittelpunkt stehen demnach Schritte zur verstärkten Rekrutierung von Fachärzten, einer Attraktivierung des Arbeitsplatzes und Maßnahmen zur Entlastung des bestehenden Personals. Darüber wurde seit Dezember das interne Kontingent an Rettungszufahrten reduziert und die Rettungsleitstelle angehalten, eine gleichmäßige Verteilung der Rettungszufahrten auf alle in Wien verfügbaren Kliniken sicherzustellen, wurde betont.