Gerichtssache

Defekte Verhütungsspirale: VSV erhöht Druck auf Republik Österreich

Im Zusammenhang mit fehlerhaften Verhütungsspiralen der Firma Eurogine hat der Verbraucherschutzverein (VSV) in Zusammenarbeit mit dem Wiener Rechtsanwalt Alexander Klauser und einem Prozessfinanzierer am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) nun erste Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich eingebracht. Das gab VSV-Obfrau Daniela Holzinger-Vogtenhuber am Donnerstag bekannt. Eine Sammelklage für 200 betroffene Frauen soll folgen.

red/Agenturen

Vorausgegangen war eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH), der im vergangenen Frühjahr festgestellt hatte, dass das Medizinproduktegesetz (MPG) auch den Schutz von Einzelpersonen bezweckt, was nach Ansicht des VSV die Hoffnung betroffener Frauen auf Schadenersatzansprüche stärkt. Mehr als 2.000 Frauen haben sich beim VSV gemeldet, die die fehlerhaften Spiralen verwendet hatten.

Der spanische Hersteller der Verhütungsspiralen musste im Frühjahr 2018 eine Reihe von Chargen seiner Produkte zurückrufen, da ein Materialfehler auftrat. Die Kunststoffarme der Spiralen wurden vorzeitig brüchig und sind daher bei der Entfernung oder auch spontan gebrochen. Teile der Arme blieben häufig in der Gebärmutter der Frauen zurück. In Österreich erfuhr die Öffentlichkeit davon verspätet, kritisiert der VSV. „Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) hat bis Herbst 2020 zugesehen und keine Warnung veröffentlicht. Erst als eine Tageszeitung recherchiert hat, hat das BASG Ende September 2020 eine Warnmeldung auf der eigenen Web-Seite veröffentlicht, aber in der Tiefe der Web-Site versteckt. Presseaussendung gab es keine“, meinte Holzinger-Vogtenhuber am Donnerstag in einer Presseaussendung. Hätte das BASG zeitnah zu Spanien auch in Österreich Frauen gewarnt, hätten viele rechtzeitig die Spiralen deutlich vor der Tragedauer von fünf Jahren entfernen lassen bzw. sich diese nicht mehr einsetzen lassen. Dieses Versäumnis habe für viele Frauen schwerwiegende Folgen nach sich gezogen, von einer Entfernung der Spiralen unter Vollnarkose, immer wieder auftretenden Komplikationen bis hin zu ungewollten Schwangerschaften.

Um auch betroffenen Frauen, die keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hatten - rund zwei Drittel der 2.000, die sich an den VSV gewandt hatten - zu ihrem Recht zu verhelfen, wurden vorerst fünf Amtshaftungsklagen eingebracht. Im kommenden September wird rechtzeitig vor einer möglichen Verjährung von Ansprüchen eine Sammelklage für rund 200 geschädigte Frauen folgen, kündigte Holzinger-Vogtenhuber an. Dieser Schritt sei erforderlich, weil die Finanzprokuratur bisher keinen Verjährungsverzicht abgegeben habe. Eine Anmeldung zur Sammelklage sei noch bis 31. Juli 2023 möglich. „Spätestens, wenn die Gerichte eine Haftung des Bundes rechtskräftig feststellen, erwarten wir von Gesundheitsminister (Johannes, Anm.) Rauch einen runden Tisch, um die Höhe der Ersatzzahlungen außergerichtlich zu klären“, bemerkte die VSV-Obfrau. Denn für die betroffenen Frauen sei baldiger Schadenersatz hilfreicher als „ewiger Streit bei Gericht“.