Die Klimakrise als potentielle Bremse für Tourismus

Beliebte Reiseländer in Südeuropa ringen in diesem Sommer mit großen Hitzewellen und heftigen Waldbränden. Auf Mallorca stieg das Thermometer auf weit über 40 Grad. Andere Gebiete Südeuropas wie Sizilien oder Griechenland erreichten sogar über 45 Grad. Diese Lage dürfte sich mit zunehmender Klimakrise weiter verschärfen. Auch bei uns gibt es unübersehbar Auswirkungen des Klimawandels. Die touristischen Auswirkungen sind derzeit noch mit Fragezeichen versehen. 

red/Agenturen

„Man muss sich generell darauf einstellen, dass es noch heißer und tendenziell trockener wird“, sagt der Klimaexperte Hans-Martin Füssel von der EU-Umweltagentur EEA in Kopenhagen. Zudem heizten sich viele der beliebten Städte im Süden besonders schnell auf, sodass deren Einwohner selbst an die Küsten oder in die Siesta fliehen. Wetterlagen hielten sich im Sommer in Europa auch immer länger. „Eine Hitzewelle ist dann nicht nach ein, zwei, drei Tagen vorbei, sondern hält deutlich länger an.“ Hinzu kämen heftigere Regenfälle.

Der Mittelmeerraum erhitzt sich nach Daten des Weltklimarats IPCC schon jetzt stärker als der Durchschnitt der Erdregionen. Die Temperatur liege dort bereits 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau, was zu einem entsprechenden Anstieg bestimmter Extremereignisse geführt habe, berichtet er in einem Report von 2022. Im Erddurchschnitt seien es 1,1 Grad Erwärmung. „Vor allem im nördlichen Mittelmeerraum sind Dürren häufiger und intensiver geworden.“ Im weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts werden laut IPCC die Luft- und die Meerestemperatur und daraus folgende Extreme im Mittelmeerraum wahrscheinlich weiterhin stärker als im globalen Schnitt ansteigen.

Ein aktueller Blick in einige Länder:

Österreich: Die vergangenen Wochen wurden von Sommerhitze über 35 Grad und von heftigen Unwettern dominiert. Wie Marc Olefs von der staatlichen Klima- und Wetteranstalt GeosphereAustria erklärt, haben im Zuge des Klimawandels im Sommer nicht nur die Zahl der Hitzetage, sondern auch die Zahl der Tage mit starkem oder extremem Regen deutlich zugenommen. In höher gelegenen Alpenregionen ist die Hitze ein geringeres Problem. Doch über 2.600 Meter steigt wegen des tauenden Permafrosts für Bergsteiger die Gefahr von Steinschlägen. Als aus diesem Grund im Juni ein Berggipfel in Tirol abbrach, kam glücklicherweise niemand zu Schaden. Olefs geht davon aus, dass das Alpenland von der extremen Hitze in anderen Regionen profitieren kann. Es werde attraktiver, „sich an einem kühleren Alpensee aufzuhalten als im immer heißer werdenden Mittelmeer“. Langfristig sieht der Klimatologe jedoch Probleme für den Wintertourismus.

Italien: Italien war in diesem Sommer mit mehreren Hitzewellen konfrontiert, die ihm teils extrem hohe Temperaturen bescherten. Die Hochdruckgebiete „Cerbero“ und „Caronte“ führten in einigen Gegenden zu Temperaturen weit über 40 Grad - in Rom schwitzten Italiener und Touristen an einem Tag bei 41,8 Grad und auf Sizilien wurden gar über 46 Grad gemessen. Gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit ist dies nicht nur extrem anstrengend, sondern kann auch gefährlich sein. Beim Höhepunkt von „Caronte“ rief das Gesundheitsministerium für 23 von 27 größeren Städten die höchste Alarmstufe für Hitze aus.

Für Italien ist das laufende Jahr geprägt von Wetterextremen. Im Frühjahr herrschte Trockenheit, darauf folgten heftige Regenfälle mit Überschwemmungen. Ende Juli teilt das Wetter das Land in zwei Teile: Unwetter und Hagelstürme im Norden und extreme Hitze und Waldbrände im Süden. Angesichts dieser extremen Wetterereignisse sagte kürzlich Zivilschutz-Minister Nello Musumeci, nichts sei mehr so wie zuvor.

Spanien: Bis Mitte Juli rollten schon drei Hitzewellen durchs Land. Auf Mallorca als liebster Ferieninsel der Deutschen gab es jüngst gleich mehrere Temperaturrekorde. In acht Gemeinden und Ortschaften der Mittelmeer-Insel war es im Juli so heiß wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen, wie der nationale Wetterdienst Aemet mitteilte. Im südspanischen Andalusien liegen die Temperaturen teilweise noch höher. Und im vergangenen Sommer war es auch extrem heiß. 2022 war für Spanien zugleich das verheerendste Waldbrand-Jahr seit Beginn der Erfassungen des Europäischen Waldbrandinformationssystems EFFIS. Nach Messungen des Erdbeobachtungssystems Copernicus wurde voriges Jahr bei 493 größeren Bränden eine Fläche von 306.000 Hektar zerstört - sie ist damit weit größer als das Saarland.

Frankreich: 2022 hatte Frankreich vielerorts Temperaturrekorde und weil Regen ausblieb, war Wasser mitunter knapp. Hinzu kamen teils verheerende Waldbrände, die nur mühsam nach Tagen unter Kontrolle gebracht wurden. In diesem Sommer blieb Frankreich ein ähnlich dramatisches Schicksal bisher erspart. Ohnehin unterscheidet sich das Wetter in Frankreich von Ort zu Ort stark. Während es an der Mittelmeerküste im Sommer brutzelnd heiß werden kann, können Touristinnen und Touristen wie Einheimische in der nördlichen Normandie und der Bretagne meist etwas niedrigere Temperaturen genießen. Und etwas kühler ist es auch für die, die es in die Höhe der französischen Alpen oder Pyrenäen zieht.

Griechenland: Auch in Hellas reiht sich eine Hitzewelle an die nächste, aktuell klettern die Temperaturen vielerorts wieder täglich auf über 40 Grad. Gänzlich ungewöhnlich ist das für die Griechen nicht. Das Meteorologische Amt erinnert an die Hitze 1958, die sechs Tage dauerte mit Temperaturen von 44,8 Grad. Auch 1973, 1977 und 1987 kam es zu ähnlichen Hitzewellen. Doch Meteorologen sagen, dass die Hitzewellen zunehmend länger andauern, also bis zu zehn anstatt zwei oder drei Tage. Die diesjährige Hitzewelle ist dem Amt zufolge die bisher längste.

Wegen der ebenfalls lang anhaltenden Trockenheit steigt auch die Brandgefahr, die derzeit von der Feuerwehr für viele Teile des Landes mit der höchsten „Alarmstufe Rot“ angegeben wird. Ein Beispiel dafür ist die Insel Rhodos, wo kürzlich Tausende Touristen vorsorglich aus Hotels und Pensionen in Sicherheit gebracht werden mussten, weil die Flammen immer näher kamen. Noch schlimmer brannte es im Sommer 2021 an vielen Stellen, unter anderem auf der Insel Euböa, wo ebenfalls Hotels evakuiert werden mussten. Vorstellbar ist, dass die Urlauber künftig die sehr heißen Monate Juli und August eher meiden und die Urlaubssaison dafür früher beginnt und sich bis in den Herbst zieht.

Türkei: Der Sommer in der Türkei kam spät, doch dann mit aller Wucht. Im Juli waren die Temperaturen an der Westküste und am Mittelmeer dem Wetterdienst zufolge teils bis zu zehn Grad höher als für die Jahreszeit üblich. So kamen sie etwa in der beliebten Urlaubsregion Antalya auf über 40 Grad. In der Millionenmetropole Istanbul, die wenig Grünflächen hat, heizte sich der Asphalt besonders auf. Die Extremtemperaturen erschwerten die Besichtigung von Kulturstätten wie der Hagia Sophia. Zwischen 11.00 und 16.00 Uhr sollte man bei dieser Hitze erst gar nicht vor die Tür gehen, empfehlen die Meteorologen.

Leerer Strand
Leere Strände als Zukunftsvision? Angesichts stetg steigender Temperaturen und ausdauernder Hitzewellen vor allem im Süden Europas wird sich das Reiseverhalten vieler Menschen wohl ändern.
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