Protestaktionen

Spaniens Ärzt:innen sagen "Basta!" und streiken wieder

Nach dem Scheitern von Verhandlungen mit den jeweiligen Regionalregierungen vor Weihnachten nehmen Spaniens Ärzt:innen nun landesweit wieder ihre Massenproteste und Streiks auf. Während es in Sevilla, Málaga und weiteren Städten Andalusiens am Donnerstag zu Protestaktionen kam, haben 5.000 Allgemeinmediziner:innen und Kinderärzt:innen in der spanischen Hauptstadt Madrid bereits wieder mit einem unbefristeten Streik begonnen.

red/Agenturen

Auch in Katalonien, Valencia, Andalusien, Navarra, Aragon und in der Extremadura sollen im Laufe des Monats noch mehrtägige Warnstreiks und Protestaktionen stattfinden, um gegen die chronischen Missstände im öffentlichen Gesundheitssystem zu protestieren.

Spaniens Ärzt:innenschaft klagt seit Jahren über chaotische Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und ein unterfinanziertes Gesundheitssystem. „Immer weniger Ärzte müssen immer mehr Patient:innen behandeln“, resümiert der spanische Gesundheitsexperte Manuel Franco im Gespräch mit der APA den Hauptgrund für die massiven Ärzt:innen-Streiks. In einigen Regionen müssten die Ärzt:innen täglich bis zu 60 Patient:innen versorgen.

Kommenden Jahre „mehr als düster“

Eine immer älter werdende und damit gesundheitlich anfälligere Bevölkerung sei in den vergangenen Jahren mit immer weniger Einstellungen von Ärzt:innen sowie von Krankenpflegepersonal einhergegangen, erklärt Franco. Und das Panorama für die kommenden Jahre sei mit einer bevorstehenden Pensionierungswelle Zigtausende Allgemeinmediziner:innen mehr als düster, meint der Gesundheitsexperte.

Während der Corona-Pandemie einigten sich die Ärztegewerkschaften jedoch darauf, das hoch überbelastete Gesundheitssystem nicht noch weiter zu belasten. „Doch nun ist mit dem Abklingen der Pandemie die Zeit gekommen, um zu protestieren“, versichert auch Angela Hernandez von der Madrider Ärztegewerkschaft Amyts.

Strategisch ist der Zeitpunkt gut gewählt. In Spanien ist das öffentliche Gesundheitswesen Zuständigkeit der Regionalregierung und Ende Mai stehen neben landesweiten Kommunalwahlen auch in fast Zweidrittel aller spanischen Autonomien Regionalwahlen an. Der perfekte Moment also, um mit den Länderregierung zu verhandeln, die im Wahlkampf keine Massenstreiks von Ärzt:innen gebrauchen können.

Doch in der spanischen Hauptstadtregion Madrid mit seinen rund sechs Millionen Einwohner kommt es seit Monaten zu einem heftigen Tauziehen zwischen der konservativen Regionalregierung und den Ärztegewerkschaften. Die Fronten könnten kaum verhärteter sein.

Regionalpräsidentin Isabel Díaz-Ayuso, der vorgeworfen wird, durch Kürzungen und Privatisierungen das öffentliche Gesundheitssystem zu Tode zu sparen, gibt sich kampflustig. Nach Massenprotesten im November diffamierte sie die streikenden Pfleger:innen und Ärzt:innen sogar als linke Aufrührer:innen und faule Beamt:innen. Nach dem erneuten Scheitern der Verhandlungen unterstellte am Donnerstag auch Madrids Gesundheitsverantwortlicher Enrique Ruiz Escudero der Ärztegewerkschaft Amyts erneut „politische Motivation“ bei den nun wieder beginnenden Streiks.

Amyts-Vorsitzende fordert mehr Personal

Amyts-Vorsitzende Angela Hernandez lehnt diese Diffamierung strikt in spanischen Medien ab und erinnert, dass sich die Ärzt:innen-Proteste anderen Regionen beispielsweise gegen sozialistische Länderregierungen richteten. Ihr gehe es darum, dass die personell unterbesetzten Gesundheitszentren wieder ausreichend Personal und Material erhalten, was lange Patient:innen-Schlangen und völlig überfordertes Personal zur Folge hat. Doch die Verhandlungen mit der Madrider Regionalregierung würde auf der Stelle stehen, so Hernandez.

Unterdessen warten die Ärztegewerkschaften im Baskenland, Galicien und in Kantabrien noch auf eine Entgegenkommen ihrer Regionalregierung, bevor auch sie im Jänner noch Warnstreiks ausrufen.

In Kantabrien, Murcia, auf den Kanarischen Inseln und auf den Balearen konnten sich die jeweiligen Ärztegewerkschaften hingegen mit den Regionalregierung auf bessere Gehälter, weniger Überstunden und bessere Arbeitsbedingungen einigen, weshalb hier die Warnstreiks und Proteste für Jänner abgesagt wurden.

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Immer weniger Ärzt:innen für immer mehr Patient:innen. Spaniens Ärzt:innen gehen auf die Barrikaden.
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