Im Netzwerk Kinderrechte sind zahlreiche Organisationen wie etwa die Kinder-und Jugendanwaltschaften, die Bundesjugendvertretung, Caritas, Diakonie und Volkshilfe oder „Rat auf Draht“ vertreten. In einem Sonderbericht „Kinderrechte und Corona“ hat man zahlreiche Studien aus der Pandemie gesammelt und daraus entsprechende Forderungen und Empfehlungen abgeleitet.
Keine Alternativen zu Schulschließungen überlegt
Die Schulschließungen in der Pandemie hielten sowohl die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt als auch der Kinder- und Jugendpsychiater Ernst Berger in der ersten Phase für verständlich und nachvollziehbar. Aber danach habe man es versäumt, über Alternativen nachzudenken. „Das zentrale Problem war das Auf und Zu“, meinte Berger. Stattdessen wäre es wichtig gewesen, zumindest Teile des Betriebs stets aufrechtzuerhalten, etwa durch zusätzliches Personal und kleinere Gruppen.
Man wolle aber nicht nach Schuldigen suchen, betonte Berger. Im Endeffekt hätte die Pandemie nur die „jahrelangen Versäumnisse bei der Implementierung von Kinderrechten deutlich gemacht“. Zentrales Phänomen bei allen Erhebungen sei gewesen: „Alle sagen, in dieser Phase ist nichts grundlegend Neues aufgetreten, sondern es sind die Schwächen in unseren sozialen Systemen besonders deutlich geworden.“
Im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern sei festgelegt, dass jedes Kind das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in den es betreffenden Angelegenheiten hat, betonte Berger. In der Pandemie seien Kinder und Jugendliche aber nicht nur vergessen worden: „Sie waren im Denken der Verantwortlichen nicht vorhanden.“
Keine Rücksicht auf Kinder und Jugendliche
„Kinder und Jugendliche sind nicht vorgekommen“, monierte auch Holz-Dahrenstaedt. Für Wirtschaft, Seilbahnen, Tourismus und Veranstaltungen wie die Fußball-EM habe es regelmäßig Ausnahmen von den Corona-Regeln gegeben. Umgekehrt hätten Jugendliche zu keinen Sportwochen, Schulskikursen oder Wienwochen fahren dürfen. Darüber hinaus seien Kinder angebrüllt worden, wenn sie am Spielplatz gespielt hätten, Eltern hätten Kinder zum Teil nicht bei der Eingewöhnung im Kindergarten begleiten können.
„Die Belastungen verschwinden auch nicht einfach von heute auf morgen“, betonte Rat auf Draht-Leiterin Birgit Satke. So brauche es etwa wesentlich mehr Beratungsangebote und Therapieplätze. Immerhin seien durch die Pandemie wichtige Bezugspersonen wie Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen weggefallen.
Bisher sei jedenfalls zu wenig passiert, meinte Netzwerk-Koordinatorin Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez. „Es stehen ja auch keine Wählerstimmen dahinter.“ Kritische Zeugnisse etwa von den Vereinten Nationen würden einfach von den Verantwortlichen abprallen und in der Schublade verschwinden. Offenbar habe man die Einstellung: „Es passiert ja nix, wenn wir nichts machen.“