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ÖGK

Wahlärzt:innen sollen in das öffentliche System eingebunden werden

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) will Wahlärzt:innen besser ins öffentliche System einbinden - sie sollen etwa zur Mitarbeit bei Bereitschaftsdiensten und zur Nutzung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) verpflichtet werden, wie ÖGK-Arbeitnehmer-Vertreter Andreas Huss bei einer Pressekonferenz betonte. Turnusmäßig wird er ab 1. Juli Obmann der ÖGK und übernimmt damit von Dienstgeber-Vertreter Matthias Krenn.

red/Agenturen

Letzterer setzte am Mittwoch auf Einigkeit: Über 99 Prozent der Beschlüsse in der ÖGK würden einstimmig gefasst, man habe auch in Zeiten der Corona-Pandemie vieles geschafft. Übereinstimmen würde man auch, was die Zukunft anlangt, sagte Krenn. So brauche es eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs, eine Entlastung der Spitäler und Spitalsambulanzen. Dazu notwendig seien etwa eine verpflichtende Diagnosekodierung, ein einheitlicher Leistungskatalog, mehr Patientensteuerung und Digitalisierung. Auch mit der Ärztekammer gebe es eine „wertschätzende Gesprächsbasis“.

Erneut betonten die ÖGK-Vertreter, dass es eine stärkere Anbindung der Wahlärzt:innen an das öffentliche Gesundheitssystem brauche. Im Rahmen des Finanzausgleichs diskutiere man darüber, diese dazu zu verpflichten, ELGA zu nutzen. Kassenleistungen sollen online mit der ÖGK abgerechnet werden, Transparenz zwischen Kassen- und Privatleistungen hergestellt werden. Auch will Huss Nebenbeschäftigungen von Spitalsärzt:innen einschränken - sie sollen nur dann als Wahlärzt:innen jobben dürfen, wenn sie bereits Vollzeit im Spital arbeiten. In manchen Bundesländern gäbe es Probleme, Ärzt:innen für Bereitschaftsdienste zu bekommen, weshalb Menschen in der Nacht Spitalsambulanzen aufsuchen müssen. Huss will Wahlärzt:innen deshalb bei Bereitschaftsdiensten mitarbeiten lassen. „Alle diejenigen Wahlärzt:innen, die sagen: 'Ich will das mit den Regeln alles nicht', sind in Zukunft Privatärzt:innen und haben mit dem öffentlichen Gesundheitssystem nichts mehr zu tun“.

Rolle der Hausärzt:innen verstärken

In den nächsten Jahren sollen außerdem 500 zusätzliche Kassenstellen geschaffen werden. Etwa 255 Millionen Euro im Jahr würden diese kosten. Um die Kassenstellen attraktiver zu gestalten, brauche es allerdings einen einheitlichen Leistungskatalog und einen in allen Bundesländern einheitlichen Gesamtvertrag. Bis 2025 soll es - so ein Vorhaben der Regierung - außerdem 120 Primärversorgungseinheiten in Österreich geben. Schon darauf würden 240 neue Stellen entfallen, meinte Huss. Gebe es den einheitlichen Leistungskatalog und Gesamtvertrag bis 2025, dann könne man die 500 Stellen bis dahin auch besetzen, zeigte sich der Arbeitnehmervertreter zuversichtlich. Die von der Regierung geplanten 100 neuen Kassenarztstellen noch heuer werde man allerdings „sicher nicht mehr besetzen“ können.

Ärztekammer-Vizepräsident Harald Schlögel sprach sich indes gegen Anfeindungen gegenüber Wahlärzt:innen aus. Diese würden sich auch gegen Patient:innen wenden, zu denen man sage: „Wenn du zu einem Privatarzt gehst, dann werden wir dir womöglich - wenn er bestimmte Auflagen nicht erfüllt - die Kostenrückerstattung streichen", so Schlögel laut Ö1-„Mittagsjournal". „Kolleg:innen zu erpressen wird das System nicht verbessern", sagte auch der zweite Vizepräsident Harald Mayer. Er würde seine kleine Wahlarztordination zusperren oder Patient:innen sagen, dass sie nichts rückerstattet bekommen, „wenn man mich zwingt, eine E-Card zu installieren".

Der dritte Ärztekammer-Vizepräsident Edgar Wutscher sprach sich laut einer Aussendung u.a. für eine Bearbeitung des Leistungskatalogs aus, um gegen den Kassenärztemangel vorzugehen: „Eine Reform der Leistungen ist zwingend notwendig, denn individuelle Beratung, Gesprächsmedizin und die Vorsorge müssen endlich aufgewertet werden." Ärztliche Zusammenarbeitsformen sollten einfacher und unbürokratischer, Rahmenbedingungen für Primärversorgungseinheiten weniger starr werden, forderte Wutscher auch Veränderungen bei den Kassenverträgen.

Stärken will Huss die Patientensteuerung und die Rolle der Hausärzt:innen. Dass jeder mit der E-Card zu einem Facharzt oder in eine Ambulanz gehen könne, sei nicht zielführend, die Menschen damit überfordert. Der Hausarzt könne den Überblick über die Patient:innen behalten, dei wiederum nur mit einer freigeschalteten E-Card Spitalsambulanzen und Fachärzt:innen aufsuchen soll. Auch die Gesundheitshotline 1450 solle ausgebaut werden und Menschen durch das System begleiten. Mit einem Magazin wolle man indes die Gesundheitskompetenz steigern.

 

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