Zecken und Zoonosen

Entwicklung für Expertin schwer vorherzusagen

Der Klimawandel ist für Zecken eher vorteilhaft: Man sehe das Vordringen der Zecken in fast alle Höhenlagen und ehemals kältere Regionen in Österreich, sagte Parasitologin Anja Joachim im Gespräch mit der APA. Dass sie per se mehr werden, traut sich die Expertin nicht sagen: „Wir können nicht erfassen, wie viele Zecken es gibt.“ Am Donnerstagabend diskutierten Experten bei einer Online-Veranstaltung der Veterinärmedizinischen (Vetmed) Universität Wien zu Zecken und Zoonosen.

red/Agenturen

Prognosen über das Zeckenvorkommen im Laufe eines Jahres seien kaum möglich: „Mein Eindruck ist, dass wir heuer zu bestimmten Zeiten sehr ordentlich Zecken hatten“, so Joachim, Leiterin des Instituts für Parasitologie an der Vetmed, vorsichtig. Allerdings habe sich das Frühjahrswetter auch „etwas erratisch“ entwickelt, aber mit den anschließenden wärmeren Temperaturen habe es wohl viele Zecken gegeben, im Hochsommer und in den Hitzeperioden wiederum nicht. Das aktuelle Wetter mit einer entsprechenden Bodenfeuchtigkeit spreche wieder für ihr Vorkommen: „Ich glaube, dass wir Zecken nochmals zu erwarten haben.“ Aber genaueres wisse man nicht.

Die Beurteilung des Zeckenvorkommens sei auch deshalb schwierig, da sich Zecken - etwa im Vergleich zu Mücken - viel langsamer entwickeln; die Generationszeit der Arten, die in Österreich vorkommen, betrage zumindest zwei Jahre, manchmal drei bis vier. Hinzu kämen ihre bisweilen langen Inaktivitätszeiten.

„Bei Zecken gibt es keine Erhöhung der Populationszahlen innerhalb eines Jahres“, so die Expertin. Als Hilfsmittel für Prognosen bedient man sich z.B. Modellen, die auf „angenommener Verfügbarkeit von kleinen Nagern wie Mäusen aufgrund der Bucheckernmast“ basieren. Einfach ausgedrückt: Mehr Bucheckern sprechen für mehr Nager und letztlich für mehr Wirte für die Zeckenlarven. Wie sich dann die Population aber im darauffolgenden Jahr entwickle, sei nicht absehbar.

Zeckenschutz nicht vernachlässigen

„Wir nehmen immer nur die Zecken wahr, die an uns und unseren Haustieren waren. Wenn hier ein starker Befall ist, dann nehmen wir es als starkes Zeckenjahr wahr. Aber die Zecken sind ja nicht gleichmäßig verteilt, wir wissen es eigentlich nicht“, sagte Joachim. Die Dokumentation der von Zecken übertragbaren Krankheiten (Zoonosen) wie etwa die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder die Lyme-Borreliose sei gut, auch in der Tiermedizin gebe es Meldepflichten. Aber eine hohe Fluktuation mache es schwer zu erkennen, ob es unter den übertragenen Krankheiten zu Verschiebungen kommt. So sei auch schwer abzuschätzen, ob es bei der einen oder anderen Zoonose zu einer Zunahme über die Zeit komme. Den Eintrag möglicher neuer Zoonosen könne man eher von Stechmücken ableiten: „Gelsen können schnell große Populationen bilden. Das ist für die Dynamik einer Infektion ein anderes Szenario.„

Im Umgang mit Zecken und der unsicheren Entwicklung empfiehlt die Expertin jedenfalls, den Zeckenschutz nicht zu vernachlässigen: „Wir haben beim Zeckenschutz bei Menschen eingeschränkte Möglichkeiten, aber wir sollten auf alle Mittel zurückgreifen. Man sollte etwa die FSME-Impfung nicht auslassen“, auch wenn vielleicht einige der Impfungen überdrüssig seien. Hundebesitzerinnen und -besitzern empfiehlt die Expertin, nicht den ganzjährigen Impfschutz beim Hund zu vergessen. „Ostösterreich ist schon lange ein Vorkommensgebiet für die Buntzecke oder Auwaldzecke, sie befällt vorzugsweise auch den Hund“ und könne bisweilen schwere Infektionen hervorrufen. Auch ein Mückenschutz bei den Vierbeinern sei wichtig, denn „wir haben große Bedenken, dass sich bald in Österreich der Herzwurm etabliert“, ein Erreger der Herzwurmerkrankung bei Hunden.

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Die Beurteilung des Zeckenvorkommens sei auch deshalb schwierig, da sich Zecken - etwa im Vergleich zu Mücken - viel langsamer entwickeln; die Generationszeit der Arten, die in Österreich vorkommen, betrage zumindest zwei Jahre, manchmal drei bis vier.
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